Münchenstein und Riehen sind wieder zurück im Jahr 2001: Der Mobilfunkempfang erlaubt nur noch das Telefonieren – surfen ist bestenfalls im Freien möglich und auch dann nur mit sehr langsamen Geschwindigkeiten. Der Grund: In den beiden Baselbieter Gemeinden mussten die bisherigen Mobilfunkstandorte ausgeschaltet werden. Gegen die neuen Ersatzstandorte hagelte es Einsprachen – eine rechtzeitige Baubewilligung war nicht möglich. Eine laute Minderheit hat sich durchgesetzt, nun spüren alle die Konsequenzen. Denn die beiden Gemeinden werden aktuell nur noch notdürftig versorgt.
Das Signal ist zwar da, aber von weit entfernten Standorten. Was zu einer paradoxen Situation führt: Die Strahlung nämlich trotzdem erstaunlich hoch – denn um Empfang zu halten, schrauben nun die Geräte der Mobilfunknutzer ganz einfach ihre Sendeleistung hoch. Sie kompensieren auf diese Weise jeweils automatisch einen schlechten Empfang. Jedes Smartphone, jedes Tablet, jede in einem Auto verbaute Mobilfunkeinheit kann das – und so bis zu 1000 Mal stärker strahlen im Vergleich zu einem Gerät, das sich nahe an einer Antenne befindet.
"Aus den Augen ist nicht aus dem Sinn im Mobilfunk", erklärt Jürg Studerus, der bei Swisscom für das Thema Mobilfunk und Gesellschaft verantwortlich ist und präzisiert: "Wenn sich keine Antenne in Sichtweite befindet, dann heisst das mitnichten, dass keine Funkwellen vorhanden sind. Denn schliesslich sendet jedes aktive Endgerät – und zwar umso stärker, je weiter sich eine Antenne entfernt befindet. Die Antenne selbst strahlt vergleichsweise schwach." Erinnern wir uns an Riehen und Münchenstein: Die neuen Standorte wurden wegen Bedenken zu Strahlung verhindert, erreicht wurde das Gegenteil.
Doch wieso müssen Provider wie Swisscom überhaupt ihre Antennen umrüsten? Wieso braucht es plötzlich neue Mobilfunkgenerationen? Studerus zeigt auf eine steil steigende Kurve: "In den letzten 10 Jahren ist das Datenvolumen um den Faktor 100 gestiegen. Nicht nur weil die Menschen mehr surfen – sondern weil neue bequeme Anwendungen wiederum mehr Daten benötigen. Das geht vom Mailanhang, dem mobilen Büro, über die Website bis zur Drohne des Bauers.
Die Schweizer Mobilfunkbetreiber haben darum seit jeher vorausschauend ausgebaut. Will heissen: Die Kapazität bereitgestellt, noch bevor sie genutzt wurde und rasch neue Generationen eingeführt. Das ist seit etwa zwei Jahren kaum mehr möglich, das Schweizer Qualitätsnetz nagt nun an seinen Reserven. "2019 stieg der Bedarf der Kundinnen und Kunden um knapp 30% - wir konnten aber nur um 5% ausbauen", erklärt Studerus. Wenn die Entwicklung so weitergeht, läuft die Schweiz in einen Datenstau, wie man ihn aus anderen Ländern kennt. Jürg Studerus: "Viele kennen das aus dem Ausland: Das Handy zeigt zwar vier Empfangsbalken an, im Webbrowser hingegen geht nichts."
Müssen wir uns vielleicht auch etwas zurücknehmen, halt weniger Online gehen? "Wer würde dann entscheiden, was sinnvolle Daten sind und wer wann wieviel davon erhält? Ob ein Katzenvideo weniger sinnvoll als ein Geschäfts-E-Mail ist?", fragt Mobilfunkexperte Jürg Studerus und erklärt: "Man darf nicht vergessen: Innovation ist direkt davon abhängig, dass die Daten fliessen." Davon profitieren wiederum alle – sowohl Privatanwender wie auch die Wirtschaft, für die gut ausgebaute Kommunikationsinfrastruktur ein Grund für die Attraktivität des sonst teuren Wirtschaftsstandortes Schweiz ist. Und spätestens hier droht dann Gemeinden wie Riehen und Münchenstein mehr Schaden als nur ein langsames Netz.
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