Schweizerischer Krebsbericht

Kein Zusammenhang zwischen Handy und Krebs

Im Oktober erschien der schweizerische Krebsbericht 2021. Dort stand folgendes zu lesen: «Kein Zusammenhang wurde zwischen der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern und Hirntumoren gefunden. Das trifft angesichts zahlreicher internationaler Studien auch für die Nutzung von Mobiltelefonen zu.»

Unterlagen Schweizerischer Krebsbericht

Das elektromagnetische Spektrum teilt sich grob in zwei Bereiche: Die ionisierende Strahlung, welche bei kurzwelligem, ultraviolettem Licht (UV-C) beginnt und dann auch Röntgen und Gamma-Strahlung umfasst. Diese Strahlung kann Elektronen von Molekülen wegschlagen und so direkt Materie verändern – eben ionisieren. Im Körper wird so die DNA beschädigt, was zu Krebs führen kann. 

Der grösste Teil des elektromagnetischen Spektrums ist dagegen nicht-ionisierend. Das einzelne Lichtteilchen (Photon) hat nicht genügend Energie, um Moleküle oder Atome zu ionisieren. Dazu zählen neben dem sichtbaren Licht auch Radio- und Millimeterwellen, also jene Frequenzen, die für Mobilfunk verwendet werden. Ob auch diese Frequenzen zu Krebs führen können, wird seit vielen Jahren untersucht. Bis heute ist kein Beweis für einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und der Entstehung von Tumoren gefunden worden, schrieb etwa das Internationale Komitee für den Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (ICNIRP 2020).

Infografik Strahlung

Die Exposition durch Mobilfunksignale erfolgt vor allem durch das eigene Mobiltelefon, sowie Mobiltelefone von anderen. Dies kommt daher, dass die Stärke elektromagnetischer Felder (EMF) mit der Distanz zur Quelle sehr schnell abnehmen. Die grösste Exposition wird also durch das nächste Gerät verursacht, eben das Mobiltelefon, und besonders stark exponiert ist der Kopf, wo man das Gerät beim Telefonieren hinhält.

Die Schweizer Forscherin Milena Foerster hat ausgerechnet, welche Quellen für die durchschnittliche Tagesdosis im Gehirn von jugendlichen Menschen verantwortlich sind. Resultat: Mobiltelefone (Anrufe 80%, Mobile Daten 5%) und schnurlose Telefone (9%) sind die Hauptquellen. Mobilfunk-Basisstationen tragen dagegen nur 3.4% zur Exposition bei (Foerster et al. 2018). Grund genug, den Zusammenhang zwischen Mobiltelefonen und Krebs (Hirntumore) weiter zu untersuchen.

Die internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) publizierte 2013 eine Monografie zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (EMF) und kategorisierte EMF als "possibly carcinogenic to humans (2b)". Neben Zell- und Tierexperimenten haben einige Ungereimtheiten bei epidemiologischen Studien die IARC davon abgehalten, Entwarnung für EMF zu geben. So hat Mitte der Nullerjahre eine schwedische Gruppe um Prof. Hardell in kleineren Studien eine starken Zusammenhang zwischen Hirntumoren und EMF behauptet, was aber bisher nicht von anderen Forschungsgruppen reproduziert werden konnte (bsp. Hardell 2006). Die grosse internationale INTERPHONE Studie dagegen fand bei den meisten Nutzenden von Mobiltelefonen sogar ein verringertes Risiko an Hirntumoren zu erkranken. Einzig in der Kategorie der stärksten Nutzer fand sich ein erhöhtes Risiko. Die Interpretation dieser Daten wird aber durch psychologische Effekte (Biases) erschwert, wie die Autoren der Studie selbst schreiben. So wurde die Nutzungsdauer des Mobiltelefons nicht gemessen, sondern durch die Proband*innen aufgrund ihrer Erinnerung abgeschätzt. Deshalb können diese Studien nicht als Hinweis für einen Zusammenhang angesehen werden, trotzdem haben sie die IARC dazu bewogen, hochfrequente EMF vorsichtigerweise als möglicherweise krebserregend zu kategorisieren. Eine Überarbeitung der IARC Monografie wird für 2024 erwartet.

Eine weitere Datenquelle sind die nationalen Krebsregister. Seit der Einführung des Mobilfunks in den 90er Jahren ist die Verbreitung der Technologie explosiv gewachsen und damit hat auch die Exposition stark zugenommen. Wäre das Risiko so hoch wie von Hardell behauptet, müsste die Anzahl von diagnostizierten Hirntumoren heute massiv höher sein als vor dreissig Jahren. Dies ist aber nicht der Fall. Der kleine beobachtete Anstieg erklärt die IARC mit verbesserter Diagnostik.

Verschiedene Berichte aus jüngerer Zeit, wie ICNIRP 2020, der World Cancer Report 2020, der eingangs erwähnte schweizerische Krebsbericht, eine Studie aus England (de Vocht 2021) und eine aus Südkorea (Choi et al. 2021) hauen alle in die gleiche Kerbe: Trotz grossen Forschungsbemühungen konnte bisher kein Mechanismus gefunden werden, der erklären würde wie hochfrequente EMF Krebs verursachen. Die epidemiologische Forschung deutet grösstenteils darauf hin, dass EMF nicht karzinogen sind. Sollte es doch ein noch unentdecktes Risiko geben, muss es sehr klein sein.

Quellen

Bundesamt für Statistik (BFS), “Schweizerischer Krebsbericht 2021,” 2021. 

ICNIRP, “ICNIRP Guidelines for limiting exposure to electromagnetic fields (100 kHz to 300 GHz),” Health Phys., vol. 118, no. 5, pp. 483–524, 2020.

M. Foerster, A. Thielens, W. Joseph, M. Eeftens, and M. Röösli, “A Prospective Cohort Study of Adolescents’ Memory Performance and Individual Brain Dose of Microwave Radiation from Wireless Communication,” Environ. Health Perspect., vol. 126, no. 7, p. 077007, Jul. 2018.

IARC, “Non-Ionizing Radiation, Part 2: Radiofrequency Electromagnetic Fields,” IARC Monogr. Eval. Cancerog. Risks to Humans, vol. 102, p. 481, 2013.

L. Hardell, K. Hanson Mild, M. Carlberg, and F. Söderqvist, “Tumour risk associated with use of cellular telephones or cordless desktop telephones,” World J. Surg. Oncol., vol. 4, pp. 1–10, 2006.

IARC, C. P. Wild, E. Weiderpass, and B. W. Stewart, “World Cancer Report,” Lyon, 2020. K. H. Choi et al., “Mobile Phone Use and Time Trend of Brain Cancer Incidence Rate in Korea,” Bioelectromagnetics, vol. 20, no. April, 2021.

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