«Warum postest du dieses Foto von mir auf Instagram, Mama?»

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Sharenting: Schutz der Kinder in Sozialen Medien

Die Sonne strahlt, die Wellen rauschen und das Kind spielt zufrieden im Sand – was für ein friedlicher Moment! Schnell ein Foto gemacht und ab in die sozialen Netzwerke. Doch ist das okay? Handeln Eltern damit zum Wohl des Kindes? Oder folgen sie den eigenen Bedürfnissen? Auf dieser Seite erklären wir Ihnen, worum es bei Sharenting geht.

Das Wichtigste in Kürze

Folgende Medien finden Sie auf dieser Seite

Sharenting: Kinder schützen und Eltern sensibilisieren.

Thema

Sharenting – das Familienalbum im Netz 

Sharenting setzt sich aus den Wortteilen share (teilen) und parenting (Elternschaft) zusammen. Gemeint ist damit das Phänomen, wenn Eltern oder andere nahestehende Personen (Grosseltern, Sporttrainer*innen, Lehrpersonen) Fotos oder Videos von Kindern machen und diese in sozialen Netzwerken veröffentlichen. 

Dieses Verhalten ist in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Grund dafür ist, dass Eltern diese Plattformen nutzen, um besondere Momente im Leben ihrer Kinder mit Freunden und Familie zu teilen. Die ersten Schritte des Kindes, Kindergeburtstage oder der Familienurlaub sind beliebte Motive, die so festgehalten und veröffentlicht werden.   

Doch beim Teilen werden nicht nur Bilder veröffentlicht, sondern auch persönliche Informationen preisgegeben: Orte, Vorlieben, das Alter der Kinder und vieles mehr.   

Im Grundsatz gilt: «Kinder haben ein Recht am eigenen Bild. Einmal veröffentlichte Bilder lassen sich nicht mehr aus dem Netz entfernen, und sie können in falsche Hände geraten», erklärt Regula Bernhard Hug, Leiterin Geschäftsstelle der Stiftung Kinderschutz Schweiz.    

Das Verhalten der Eltern prägt die digitale Identität der Kinder, insbesondere in den ersten Jahren. Aber auch der Datenschutz liegt in den Händen der Eltern. Und obwohl das Bewusstsein dafür in der Gesellschaft allmählich wächst, geht die Kontrolle über die Bilder bei der Veröffentlichung verloren.  

Thema

Wo gibt es Sharenting?

Sharenting gibt es in vielen Formen und an unterschiedlichen Orten in sozialen Netzwerken, von Facebook über Snapchat bis zu WhatsApp.  

Eine Auswahl an Orten, wo Eltern die Bilder von ihren Kindern posten, finden Sie hier: 

Beitragsbilder sind Fotos oder Videos, die innerhalb eines Beitrags geteilt werden. Diese können in statischer Form als Einzelfotos oder im Bildkarussell sowie in animierter Form als Reels oder andere Videobeiträge veröffentlicht werden.

Storys sind temporäre Bilder oder Videos, die für eine begrenzte Zeit (oft 24 Stunden) sichtbar sind, bevor sie automatisch verschwinden. «Verschwinden» meint dabei meist, im Archiv gespeichert zu werden. Die Storys werden oft für spontane Inhalte genutzt. 

Plattformen wie Instagram ermöglichen das Teilen von Live-Videos, also Echtzeitübertragungen via Handykamera. 

Ein Profilbild ist das Anzeigebild eines persönlichen Accounts. Es ist das erste Bild, das andere sehen, wenn sie das Profil besuchen, einen Kommentar lesen oder ähnliches.

Titelbilder stehen am oberen Rand einer Profilseite und dienen dazu, mehr über die Person des Profils zu erzählen – oder auch einfach, um das Profil ästhetisch zu ergänzen. 

Eltern teilen die Bilder ihrer Kinder oft auch über einen Chat mit der Familie oder mit Freunden. Oft werden dafür auch Gruppenchats verwendet. Bei Gruppenchats ist das Potenzial besonders hoch, die Kontrolle über die Bilder zu verlieren.  

Ein beliebter Ort für Kinderbilder ist auch der eigene Smartphone-Bildschirm. Hier wird das Bild zwar nicht direkt auf Social Media mit der Öffentlichkeit geteilt, jedoch sind Bildschirmschoner auch öffentlich sichtbar. Das passiert zum Beispiel, wenn das Smartphone an einem öffentlichen Ort (wie in einem Restaurant) auf dem Tisch liegt und aufgrund einer Pushnachricht aufleuchtet.  

Re-postete Bilder: Mit den entsprechenden Einstellungen können Nutzer*innen die Bilder von anderen Nutzer*innen erneut teilen («reposten»). 

Bilder in Kommentaren: Mancherorts gibt es die Möglichkeit, dass Nutzer*innen bei Beiträgen oder Kommentaren mit Bildern anstatt mit Text antworten können.   

Vorschaubilder für Links: Wenn ein Link zu einer bestimmten Seite geteilt wird, erstellen viele Plattformen automatisch ein Vorschaubild («Thumbnail»).  

Thema

Die Gefahren von Sharenting

Mit jedem Bild und jeder Information, die in soziale Netzwerke und damit ins Internet gestellt werden, wächst der digitale Fussabdruck eines Menschen. Teilen Eltern Informationen oder Bilder ihrer Kinder im Netz, existiert der digitale Fussabdruck der Kinder bereits von klein auf und kann unter Umständen das spätere Leben der Kinder beeinflussen. 

Mit jedem Bild und jeder Information, die in soziale Netzwerke und damit ins Internet gestellt werden, wächst der digitale Fussabdruck eines Menschen. Teilen Eltern Informationen oder Bilder ihrer Kinder im Netz, existiert der digitale Fussabdruck der Kinder bereits von klein auf und kann unter Umständen das spätere Leben der Kinder beeinflussen. 

Einmal im Internet – immer im Internet. Bilder können abgespeichert oder weiter geteilt werden. So kann das Bild weiterhin im Umlauf sein, selbst wenn Sie Ihren ursprünglichen Beitrag längst gelöscht haben.

Jede Person hat das Recht am eigenen Bild. Doch sobald Bilder auf Social Media geladen werden, geht dieses Recht in vielen Fällen an die Plattform über. Es lohnt sich, zuvor die Datenschutzrichtlinien der jeweiligen Plattform eingehend zu studieren. 

Kinder lernen von ihren Eltern und übernehmen deren Verhaltensweisen. So erstellen Kinder, deren Eltern intensiv sharenten, häufig auch früh eigene Medienprofile und haben ein reges Interesse daran, sich online darzustellen. Seien Sie sich als Eltern Ihrer Vorbildrolle bewusst. 

Wenn Eltern etwas lustig oder süss finden, muss das für die Kinder nicht unbedingt so sein. In der Pubertät und auf dem Weg zur eigenen Persönlichkeit ist es für Kinder wichtig, die Kontrolle über das eigene «Image» zu behalten. Mögliche Peinlichkeiten für Kinder können zu Mobbing in der Schule führen, wenn zum Beispiel aufgrund eines Bildes beleidigende Spitznamen oder Memes erstellt werden. 

Wenn Eltern im Netz das Geburtsdatum ihres Kindes, Bilder des Gesichts oder den vollen Namen öffentlich zugänglich machen, ist es für Cyberkriminelle ein Leichtes, die Identität des Kindes zu stehlen. Ein Identitätsdiebstahl kann aber auch durch Phishing geschehen und beispielsweise im Darknet verbreitet werden. 

In sozialen Medien finden sich unzählige Bilder von Kindern in Badeanzug, Badehose oder gar nackt im Familienurlaub am Strand – eine Fundgrube für Pädophilie. Aber auch harmlose Bilder von Kindern können bearbeitet werden. Der jüngste Einbezug von KI ist besonders bedenklich, da damit realistische Bilder von sexuellem Missbrauch von Kindern generiert werden können.  

Informationen in Bildern wie der Name eines Sport-Clubs, Hobbys, Strassennamen, die vollen Namen der Kinder usw. können Grooming-Kriminellen Anhaltspunkte geben, um Ihrem Kind abzupassen. Lassen Sie unnötige Informationen beim Posten also lieber weg und verwenden Sie Spitznamen. 

Eine Nachricht von Ella 

Mit der Kampagne «ShareWithCare» will die Deutsche Telekom im Rahmen von Sharenting auf den verantwortungsvollen Umgang mit Kinderfotos aufmerksam machen. Ein Deepfake-Spot zeigt Ella, die mit Hilfe von KI aus den Bildern generiert wurde, die ihre Eltern ins Netz gestellt haben. Ella spricht ihre Eltern im Video darauf an. 

Kampagnen-Seite(öffnet ein neues Fenster)

Youtube Link des Spots(öffnet ein neues Fenster)

Wie KI Cyber-Grooming verhindern will 

KI spielt dem Cyber-Grooming in die Hände – aber nicht nur. Vielmehr soll die Künstliche Intelligenz künftig auch dabei helfen, Cyberkriminalität aufzudecken. Verschiedene Ansätze zielen darauf ab, mit Hilfe von maschinellem Lernen, Verhaltensanalysen und der Erkennung von Sprachmustern potenziell schädliche Gespräche in Online-Communitys oder Chatforen frühzeitig zu erkennen und abzuwehren, um die Plattformen insbesondere für Kinder und Jugendliche sicherer zu machen.

Thema

Verhaltenstipps für Eltern

Wenn Sie als Elternteil Bilder von Ihrem Kind auf Social Media teilen wollen, empfehlen wir Ihnen diese Regeln einzuhalten, um die Privatsphäre Ihres Kindes zu schützen. 

Achten Sie beim Teilen von (Kinder-)Bildern auf Folgendes:

Vermeiden Sie es, das Gesicht Ihrer Kinder zu zeigen, um die Identität Ihrer Kinder zu schützen. Auch wenn das Kind durch andere eindeutige Merkmale erkennbar ist, sollte auf das Teilen verzichtet werden.  

Vermeiden Sie Bilder, die Ihren Kindern jetzt oder später peinlich sein könnten oder sich für sie nachteilig auswirken könnten. Dazu gehören auch Bilder in Badeanzug oder Unterhosen, auf der Toilette oder ähnliches. Und setzen sie die Grenze eher höher als tiefer.

Verzichten Sie beim Teilen auf zusätzliche Informationen wie echte Namen, Schulen oder Wohnorte, um Ihr Kind nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Deaktivieren Sie Funktionen wie das Geotagging oder die Metadaten und lassen Sie unnötige Informationen am besten ganz weg.

Stellen Sie in den Datenschutzeinstellungen sicher, dass Ihre Bilder nur von engen Bekannten gesehen werden können, und deaktivieren Sie die Weiterleitungsberechtigungen. Nutzen Sie nur verschlüsselte Messaging-Dienste. 

Lesen Sie die Datenschutz-Richtlinien der sozialen Plattformen und teilen Sie Kinderfotos nur auf Plattformen, bei denen die Bildrechte uneingeschränkt bei Ihnen bleiben.

Im Grundsatz gilt: Jeder Mensch hat das Recht am eigenen Bild. Daher ist es ratsam, Bilder von Kindern erst dann in sozialen Netzwerken zu teilen, wenn die Kinder aktiv ihre Zustimmung geben können.

Sind auf dem Bild noch andere Personen zu sehen? Fragen Sie bei allen um die Erlaubnis für die Veröffentlichung. Und nehmen Sie das Bild weg, sobald jemand der Abgebildeten sich anders entscheidet.

Nehmen Sie sich vor dem Teilen einen Moment Zeit und überlegen sie sich, ob das Teilen in diesem Fall angemessen und nötig ist. Nutzen Sie dazu unseren Sharenting Selbstcheck.

Der Sharenting Selbstcheck 

Sie sind kurz davor, ein Bild von Ihrem Kind online zu teilen? Machen Sie den Sharenting Selbstcheck:

Warum genau teilen Sie den Beitrag? Tun Sie es für sich, Ihr Kind, für andere…? Bringt es dem Kind etwas, wenn Sie das Bild teilen, oder geht es letztlich um Ihr eigenes Bedürfnis? 

Fänden Sie es auch okay, wenn jemand anderes diesen Beitrag teilen würde? Und wenn das Bild von Ihnen selbst wäre: Würden Sie es auf Social Media sehen wollen?

Ist das Bild Ihrem Kind möglicherweise peinlich oder könnte es sich später nachteilig auf Ihr Kind auswirken? 

Werden Sie sich (auch als Erwachsene*r) noch über diesen Schnappschuss freuen? 

Haben Sie das Einverständnis aller abgebildeten Personen eingeholt, um das Bild teilen zu dürfen?

Die auf Kinderschutz spezialisierte Juristin, Rita Jedelhauser, betont, dass ein Vergleich mit der analogen Welt einzuordnen helfen kann:  
 
«Eltern sollten sich fragen: Würde ich dieses Bild meines Kindes als Plakat am Zürcher Hauptbahnhof aufhängen? Und zwar für alle sichtbar, und nicht nur für ein paar Tage, sondern für immer.»

Thema

«Ice Breakers» für den Sharenting Dialog 

Sharenting wird in der Gesellschaft bisher kaum thematisiert. Helfen Sie mit, dies zu ändern und suchen Sie in Ihrem Umfeld den Dialog, wenn Sie Sharenting beobachten. 

Einleiten könnten Sie das Gespräch zum Beispiel so:   

«Ich habe kürzlich das von dir veröffentlichte Bild von deinen Kindern auf Social Media gesehen. Da habe ich mich gefragt: …» 

Privatsphäre
«Wenn du einen wertvollen Moment teilst, wie respektierst du die Privatsphäre deiner Kinder?»  

Unangenehme Situation
«Hast du schon einmal eine unangenehme Situation erlebt, weil du ein Bild geteilt hast?»  

Meinung der Kinder
«Was sagen deine Kinder dazu, dass du Bilder von ihnen online mit der Öffentlichkeit teilst?»  

Regeln beim Teilen
«Hältst du dich beim Teilen der Bilder deiner Kinder an bestimmte Regeln oder Prinzipien?»  

Dialog führen
«Hat dich schon mal jemand darauf angesprochen, dass du Bilder von deinen Kindern öffentlich teilst?» 

Thema

Rechtliche Grundlagen

Was ist die rechtliche Basis zu Sharenting? Wo ist das Recht am eigenen Bild festgelegt und was besagt es?

Rund um Sharenting greifen in der Schweiz die nachfolgenden rechtlichen Grundlagen:

1 Kein Kind darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung oder seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden.  

2 Das Kind hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.  

Art. 16 UN-Kinderrechtskonvention(öffnet ein neues Fenster)

1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.  

2 Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.

Art. 28 ff. ZGB(öffnet ein neues Fenster)

1 Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs. 

2 Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten. 

Art. 13 BV(öffnet ein neues Fenster)

Das ist wichtig

  • Sharenting ist ein weitverbreitetes Phänomen, doch der Dialog darüber fehlt.  
  • Viele Eltern vergessen beim Teilen der Bilder ihrer Kinder die Gefahren von Sharenting.  
  • Wenn Sie Bilder von Ihren Kindern in sozialen Netzwerken teilen möchten, halten Sie sich an unsere Verhaltenstipps
  • Halten Sie vor dem Teilen der Bilder inne und machen Sie den Sharenting Selbstcheck
  • Auch wenn manche Kinder ein unbelastetes Verhältnis zu Sharenting haben: Seien Sie Vorbild und fragen Sie Ihr Kind in jedem Fall und vor dem Teilen eines Bildes, ob die Veröffentlichung für es in Ordnung geht.  

Michael fragen

Michael In Albon ist der Jugendmedienschutz-Beauftragte bei Swisscom. Er steht Ihnen bei allen Fragen rund um Kinder und Medien zur Verfügung.

Portrait des Leiters Jugendmedienschutz Michael In Albon
Michael In Albon

Jugendmedienschutz-Beauftragter,
Leiter Schulen ans Internet (SAI)