Was bringt
Zocken und wo schadet es?

9 Minuten

Sicher Gamen:
Ein Leitfaden für Eltern und Kinder

Der unbändige Wunsch unserer Kinder zu spielen macht auch vor der Online-Welt nicht halt. Und gerade da sind die Herausforderungen für Eltern und ihre Medienerziehung nicht zu klein. Vieles hängt vom Kind selbst ab, aber auch vom Game, dem sozialen Umfeld und nicht zuletzt vom Erziehungsstil.

Folgende Medien finden Sie auf dieser Seite

Chance

Spielen ist natürlich

Menschen und insbesondere Kinder spielen, seit wir denken können. Das Spiel fördert die Entwicklung verschiedener Kompetenzen: Bewegung (Motorik), Sehen, Strategien und vieles mehr. Spielerisch lernen hat aber nicht nur das Lernen zum Zweck, sondern auch der Spass darf dabei nicht zu kurz kommen. Digitale Spiele stehen allen anderen Spielen und Sportarten in diesem Zusammenhang in nichts nach. Sie stärken menschliche Beziehungen, verbessern motorische Fähigkeiten und machen Spass.

Spielende verlassen manchmal minuten-, andere stundenlang die Wirklichkeit und tauchen in eine kreative Spielwelt der Chancengleichheit ein. Kurzferien vom Alltag sozusagen. Bei gutem Spielverlauf schüttet das Gehirn das Glückshormon Dopamin aus und neue Nervenverbindungen entstehen. Ausgerechnet die umstrittenen Action-Games erhöhen das Abstraktionsvermögen und steigern zudem die Konzentrationsfähigkeit. Beim Spiel in einer globalen Community mit Menschen aus anderen Ländern können interkulturelle Erfahrungen gemacht werden und Spieler*innen üben beim Gamen verschiedene Fremdsprachen, allen voran Englisch.

Gamen als Sportart

Während E-Sport in asiatischen oder skandinavischen Ländern richtig gross sind, verzeichnet diese Sportart mittlerweile auch in der Schweiz grossen Zulauf. Bei der von der Swisscom und ESL initiierten «Swisscom Hero League» spielen Einzelspieler*innen, Amateur- oder Profi-Teams gegeneinander und messen sich in drei verschiedenen Games im Turniermodus. Beispielsweise hat Swisscom zusammen mit ESL die «Swisscom Hero League» ins Leben gerufen. Eine Liga, in welcher sich Teams oder Einzelspieler*innen in drei verschiedenen Games im Turniermodus messen können. 

Professionelle E-Sportler*innen trainieren nach festgelegtem Plan und pflegen einen gesunden Lebensstil, genau gleich wie andere Sportler. Für leidenschaftliche Gamer*innen eröffnet sich die Chance, das Hobby zum Beruf zu machen. Aber Achtung: Die Bestrebungen in Richtung Professionalisierung des E-Sports stehen in der Schweiz noch in den Anfängen. Die «Swisscom Hero League» will dieses Anliegen unterstützen. 

Wie in allen Sportarten wird es an der Spitze immer einsamer. Und kleine Nationen wie die Schweiz spielen im internationalen Vergleich heute noch keine grosse Rolle.

Gamen im Klassenzimmer?

Auch mit der Unterrichtseinheit Gaming & E-Sport will die Swisscom eine gezielte und vielschichtige Auseinandersetzung im Klassenzimmer zum Thema Gaming fördern.

Prof. Dr. Fred Mast, Ordinarius am Institut für Psychologie, Universität Bern.

Risiko

Games und Gewalt

Eines der am weitesten verbreiteten Vorurteile den Online-Games gegenüber ist jenes, dass Spieler*innen gewalttätig würden. Dies ist oft jedoch völlig unbegründet, denn Kinder und Jugendliche ziehen ganz selbstverständlich eine Trennlinie zwischen Spielwelt und Wirklichkeit.

Der deutsche Forscher Manfred Spitzer warnt immer noch publikumswirksam vor den Gefahren von digitalen Medien und Games. Er ist der Meinung, dass Computerspiele die Gewaltbereitschaft erhöhen und gegenüber realer Gewalt abstumpfen lassen. Seine Aussagen sind unter Wissenschaftlern umstritten. Für den Schweizer Journalisten und Game-Experten Marc Bodmer ist die Gewaltdebatte eigentlich abgeschlossen. Er führt das Beispiel Deutschland an – hier gelten im internationalen Vergleich die härtesten Jugendschutzregeln und die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) ist die wohl strengste Kontrollstelle für die Prüfung und Altersfreigabe von digitalen Spielen. 

Marc Bodmer: «Vor 10 Jahren hat die USK noch massiv eingegriffen – Hersteller mussten Games schneiden und Blut grün einfärben. Heute werden so gut wie keine Spiele mehr auf den Index gesetzt. Woher dieser Wandel kommt? Es konnte nur ein sehr schwacher Zusammenhang nachgewiesen werden, dass Gewaltdarstellungen in Computerspielen bei Kindern und Jugendlichen unter bestimmten Umständen aggressives Verhalten verursachen können.» 

Für Gamer steht die Spielmechanik im Mittelpunkt, also die Art, wie aus Ausgangssituation, Spielregeln und Aktionen der Spieler das Spielerlebnis entsteht. Sie wollen ihre Mission erfüllen, den Wettkampf gewinnen oder im Team zusammenspielen. Die Darstellung ist oft nicht so wichtig. Jugendliche, die Egoshooter als Teamsport betreiben, berichten etwa, dass sie die Spezialeffekte abstellen, weil sie nur vom Spiel ablenken.

Mehr Informationen finden sich im enter zum Thema eSports

Risiko

Games und Missbrauch

Foren für Online-Games dienen nicht selten als Ort für neue Freundschaften. Aber Achtung: Vorsicht ist geboten, denn in Chatforen kommt es immer mal wieder zu Belästigungen oder gar Missbrauch von Kindern.

Eltern und Lehrer*innen sollten sich darum für die Chatpartner*innen ihrer Kinder oder Schüler*innen interessieren – in Games wie auch in sozialen Netzwerken. Solche Netzwerke sind gerade bei Pädokriminellen sehr beliebt.

3 einfache Tipps für Kinder, um präventiv damit umzugehen:

  • Ich gebe keine persönlichen Daten wie Telefonnummer, Adresse, Alter etc. für alle sichtbar frei. 
  • Clans oder Minecraft-Welten teile ich prinzipiell nur mit Mädchen oder Jungen, die ich aus dem Quartier, der Familie oder der Schule kenne.
  • Auch wenn da ein unbekannter Spieler ist, der schon über ein Jahr online und immer « nett» zu mir ist, ich lasse mich nicht auf einen direkten Kontakt ein. Fragen nach meiner Schule, meinem Alter oder meinem Wohnort machen mich vorsichtig.

Risiko

Games und Sucht

Spricht man über Games, muss man auch über Sucht sprechen. Jugendliche verbringen viel Zeit mit digitalen Medien und Games haben eine hohe Anziehungskraft. Laut JAMES-Studie gamen mehr als 70 Prozent aller Jugendlichen regelmässig.

Wenn Kinder und Jugendliche übermässig viel Zeit online verbringen und gamen, sorgen sich Eltern zu Recht. Digitale Spiele nutzen Mechanismen, um Spieler in ihrer Welt zu behalten. Es bedarf einiger Anstrengung, diesen Verlockungen zu widerstehen. 

Gestalten Kinder und Jugendliche ihre Freizeit ausgeglichen, wird es ihnen besser gelingen. Manchmal werden Games aber auch als Rückzugsgebiet eingesetzt, wenn etwas anderes im Leben schiefläuft. Mobbing an der Schule oder in der Scheidung stehende Eltern sind häufige Beispiele hierfür. Ängstliche, depressive oder unsichere Jugendliche sind stärker gefährdet, eine Sucht zu entwickeln.

Tipps

Tipps für Eltern

Treffen unterschiedliche Vorstellungen von Jugendlichen und Erwachsenen aufeinander, ist es an den Eltern, sich durch Information zwar eine eigene, aber durch Interesse und Offenheit gekennzeichnete Haltung anzueignen.

Vertrauen aufbauen

Lehnen Sie Computer- und Online-Games nicht im Vornherein ab, zumindest nicht, bevor sie sich eine eigene Meinung gebildet haben. Lassen Sie sich die Spiele von Ihrem Kind erklären oder spielen Sie einfach eine Runde mit. So werden Sie immer besser verstehen, worin der Reiz eines bestimmten Spiels besteht. 

Ermutigen Sie Ihr Kind, während des Spielens erlebte Enttäuschungen als Herausforderung zu sehen, die es angehen und von denen es lernen kann. Regen Sie es ebenfalls an, sich mit Freunden zu treffen und anderen Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Schaffen Sie Freiräume dafür.

Kontrolle statt Verbote

Die Kontrolle fängt beim Erwerb von altersgerechten Spielen an – das gilt insbesondere bei jüngeren Kindern. Beachten Sie die Altersangabe auf der Spielverpackung oder suchen Sie unter PEGI (öffnet ein neues Fenster)danach. Informieren Sie sich bereits beim Kauf über Art und Inhalt des Spiels.

So fördern Sie das gesunde Spiel Ihres Kindes:

  • Sorgen Sie für eine gute Beleuchtung und regelmässige Pausen. 
  • Achten Sie auf einen ausreichenden Abstand zwischen den Augen Ihres Kindes und dem Bildschirm. 
  • Animieren Sie Ihr Kind genügend zu trinken und Pausen macht, um draussen zu spielen oder Sport zu treiben.

Bei Jugendlichen ab 12 Jahren kann auch der Rollentausch ein gutes Vorgehen sein: Sie argumentieren beispielsweise, wieso Jugendliche Games spielen sollen, die nicht für ihr Alter freigegeben sind. Ihr Kind kontert, weshalb es die Altersfreigabe berücksichtigen sollte.

Regeln vereinbaren

Verbote nützen wenig, denn Kinder lernen rasch, wie man sie umgeht. Stellen Sie aber klare Regeln auf. Beispielsweise darf Ihr Kind erst spielen, wenn die Hausaufgaben erledigt sind. Ist Ihr Kind damit nicht einverstanden, erklären Sie Ihre Beweggründe. 

Mehr Informationen finden Sie auch im Dossier «Kinder begleiten in digitalen Welten».

Zusammengefasst:

  1. Definieren Sie Spielzeiten zusammen mit Ihrem Kind. Und halten Sie sich beiderseits daran (siehe aber auch Tipp 5).
  2. Interessieren Sie sich für die Spiele. Spielen Sie mit und erhalten Sie ein Gefühl, weshalb das Spiel für Ihr Kind so spannend ist. 
  3. Achten Sie auf das PEGI-Rating: Jedes Spiel hat eine Altersempfehlung. Diese ist sinnvoll, insbesondere bei jüngeren Kindern.
  4. Besteht ein Missverhältnis zwischen Online- und Offline-Aktivitäten: Schrauben Sie am Angebot und suchen Sie nach einer attraktiven Alternative (ungeteilte Elternzeit kommt immer gut an).
  5. «Nur noch dieses Level!» – Lassen Sie zu, dass das Kind die laufende Aktion im Spiel noch zu Ende führt. Es kostet Sie zwei bis drei Minuten, erspart Streitgespräche und Frust und respektiert das Engagement Ihres Kindes.

Stimmt das?

Gaming-Mythen im Faktencheck

Etwas, das Spass macht, unterhält oder entspannt als Zeitverschwendung abzutun, greift zu kurz. Leistung ist gut und wichtig, Freunde und Spass aber genauso.

Der Mensch und insbesondere Kinder brauchen diesen Ausgleich. Forscher haben ausserdem herausgefunden, dass, wer gerne spielt, seine kognitiven Fähigkeiten verbessert. Die in einer Genfer Studie festgestellten Effekte zogen sich durch alle Ebenen der kognitiven Prozesse – von der einfachen Wahrnehmung bis hin zu komplexen Denkvorgängen: So konnten die Spielerinnen und Spieler von Action-Games verschiedene Graustufen besser voneinander unterscheiden und registrierten deutlich mehr bewegliche Objekte am Rand des Gesichtsfelds. Sie verarbeiteten Informationen effizienter und reagierten schneller. Auch wenn es darum ging, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen, schnitten sie besser ab als die Vergleichsgruppe. Und sie konnten schneller zwischen zwei Aufgaben wechseln oder mehrere Aufgaben gleichzeitig durchführen. 

Selbstverständlich gibt es auch Jugendliche, die nicht zocken und dennoch starke kognitive Fähigkeiten entwickeln.

Auch das Gegenteil ist möglich: Das Spiel wird zu einer Insel der Ordnung im Chaos des Lebens.

Eine kürzlich durchgeführte Studie der University of Oxford hat bei der Untersuchung von 14- bis 15-jährigen Gamer*innen der Games Counter Strike und Call of Duty herausgefunden, dass die Gewaltbereitschaft verglichen mit gleichaltrigen Nicht-Spieler*innen gleich hoch ist. Bei der Studie wurde auch das Umfeld der Spielenden berücksichtigt (Lehrpersonen und Eltern). 

Allerdings konnten während des Spiels deutliche Anzeichen von Frust festgestellt werden. Dieser äusserte sich beispielsweise in Form von «Trashtalking» oder «Trolling», beides wiederum keine Indikatoren für aggressives Verhalten.

Den ganzen Tag in der Hängematte liegen fördert die Kommunikationsfähigkeit ebenso wenig wie tagelang alleine vor dem Bildschirm zocken.

Oft sitzt man allein vor einem Bildschirm, das ist wahr. Jedoch spielen sich viele der beliebtesten Games im Kooperationsmodus (Co-Op). Dies ermöglicht nicht nur gegen-, sondern auch miteinander zu spielen. Um Aufgaben zu lösen und ein Level weiterzukommen, muss man zusammenarbeiten, sich absprechen und Teamgeist zeigen. 

Bei Jugendlichen, die eine Gamesucht entwickeln, wird ein sozialer Rückzug deutlich. Hier ist es einmal mehr wichtig, dass Eltern ein gutes Sensorium für ihr Kind und dessen Wohlbefinden entwickeln. Oft liegt der Spielsucht ein anderes, wesentliches Problem zugrunde. Erstere wird dann als Symptom spürbar.

Der schädliche Einfluss von Videogames wird in den Medien immer wieder diskutiert. Studien zeigen etwa, dass Computerspiele die Schlafqualität beeinträchtigen können.

Dies liegt nicht nur daran, dass sich durch das Spielen die Zu-Bett-geh-Zeit nach hinten verschiebt, sondern auch an der damit verbundenen Erregung und am blauen Bildschirmlicht. Es gibt Kinder, die an der «Gaming Sickness» leiden. Hierbei treten während des Spielens Symptome wie Schwindel, Unruhe, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Herzrasen auf. 

Forscher haben herausgefunden, dass 3D-Spiele bei kleinen Kindern für die Entwicklung der räumlichen Wahrnehmung schädlich sein können. Hiervon ist also abzuraten, Altersbeschränkungen unbedingt zu beachten. 

Als mögliche Richtlinie empfiehlt sich bei 3D-Spielen nach 30 Minuten des Spielens eine Pause von rund 15 Minuten einzulegen. Auch Virtual Reality-Games sind für jüngere Kinder ungeeignet. Experten empfehlen ein Mindestalter von 12 bis 13 Jahren. 

Ungeachtet der äusseren Einflüsse ist es sinnvoll, die generelle Gaming-Dauer auf ein vernünftiges Mass zu beschränken und mit «Offline»-Aktivitäten zu ergänzen.

Schon mal gehört?

Diese Spiele sollte man kennen

Über die letzten drei Jahre hinweg besetzten folgende Spiele die obersten Ränge der Beliebtheitsskala.

Call of Duty: Modern Warfare III
(Altersfreigabe PEGI 18)

Fortnite
(Altersfreigabe PEGI 12)

Minecraft
(Altersfreigabe PEGI 7)

EA FC
(Altersfreigabe PEGI 3)

Es sind klar die Open World Games (Minecraft, GTA), welche diese Liste anführen. Die Besonderheit bei Open World Games sind die ungehinderte Bewegungsfreiheit, die vielen Möglichkeiten, die sich den Spielenden bieten. Als Subgenre von Open World Games stossen vor allem Battle Royale (Fortnite) und First/Third-Person Shooter Games (Call of Duty) auf grosse Beliebtheit. Die ungebremste Faszination des Fussballs schlägt sich auch in der Online-Welt nieder und FIFA befindet sich seit vielen Jahren konstant weit oben auf der Beliebtheitsskala der Games. 

Alle diese Games kann man mit- oder gegeneinander spielen, will heissen: an derselben Konsole (Multiplayer Modus) oder im Online-Game.

Nützliche Links

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Prof. Dr. Fred Mast, Ordinarius am Institut für Psychologie, Universität Bern.

Michael fragen

Michael In Albon ist der Jugendmedienschutz-Beauftragte bei Swisscom. Er steht Ihnen bei allen Fragen rund um Kinder und Medien zur Verfügung.

Portrait des Leiters Jugendmedienschutz Michael In Albon
Michael In Albon

Jugendmedienschutz-Beauftragter,
Leiter Schulen ans Internet (SAI)