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Warum Brainteaser out sind

Zum Aufwärmen erst mal eine kleine Denksportaufgabe: Du hast drei Lichtschalter im Keller, aber nur eine Lampe im Dachstock. Der Dachstock ist nicht von deiner Position einsehbar, du darfst ihn nur einmal betreten und kannst auf keinerlei Hilfe von ausserhalb zählen. Wie findest du heraus, mit welchem der drei Schalter sich die Lampe bedienen lässt?

Du verstehst nur Bahnhof? Noch schwerer wird’s, wenn dein Traumjob davon abhängt, dir deine potenziellen neuen Kolleg*innen verschmitzt lächelnd gegenübersitzen und du lediglich fünf Minuten hast, um zu antworten. Brainteaser nennen sich solche Fragen, und das oben genannte Beispiel gehört noch zur harmloseren Sorte. Noch fieser wäre zum Beispiel die Frage nach der Anzahl Golfbälle, welche in eine Boeing 747 passen oder wie viele Packungen Cornflakes in der Schweiz pro Jahr verkauft werden. Solche und ähnliche Fragen dürften – wenn überhaupt – nur ganz am Rande mit deinem zukünftigen Job zu tun haben. Trotzdem gibt es immer noch Fragesteller*innen, welche sich dank Brainteaser einen umfassenden Einblick in die Problemlösungsfähigkeiten, Intelligenz, Stressresistenz und in andere Attribute von ihren Kandidat*innen versprechen.

Persönlich bin ich der Meinung, dass solche "Rätsel" (ja, so nenne ich sie…) weder etwas über deine für die Stelle relevante Erfahrung oder deine grössten Erfolge und Misserfolge (und was du daraus gelernt hast!), noch über deine Fähigkeiten, im Team zu arbeiten, aussagen. Und da es der interviewenden Person in der Regel mehr um die Herangehens- und Denkweise als um die korrekte Antwort geht, ist eine Bewertung der Lösung auch immer höchst subjektiv. Es sei denn, die Person dir gegenüber hat tatsächlich schon mal selbst einen Flieger mit Golfbällen beladen und kennt die Antwort. Und da drängt sich mir die Frage auf, ob Brainteaser teilweise nicht auch ein wenig der Belustigung der Interviewer*innen dient. Und spätestens da hört für mich der Spass auf.

Deshalb und weil "klassische" Interviews schon stressig genug sind, halte ich es mit Brainteasern wie mit Jogginghosen: Zuhause gerne, im Jobinterview haben die meiner Meinung nach aber nichts zu suchen. Glücklicherweise sind auch Vorreiterunternehmen wie Microsoft, Google und Facebook, welche jahrelang auf Brainteaser gesetzt haben, nicht nur davon abgekommen, sondern sprechen sich heute klar dagegen aus.

Viel effektiver werden wichtige Eigenschaften von Bewerber*innen deshalb durch verhaltensbasierte und situative Fragestellungen geprüft. Verhaltensbasierte Fragen geben einer interviewenden Person Aufschluss darüber, wie du in der Vergangenheit mit konkreten, für die Stelle relevanten Herausforderungen umgegangen bist. Möchte deine zukünftige Führungskraft also deine Teamfähigkeit prüfen, wird sie dich vielleicht auffordern von einer Situation zu erzählen, in welcher du erfolgreich mit jemanden zusammengearbeitet hast, dessen Persönlichkeit sich erheblich von deiner unterschieden hat.

Bei einer situativen Frage wirst du mit einer Situation, wie du sie in deiner Wunschrolle antreffen könntest, konfrontiert. Deine Ansprechperson möchte von dir wissen, wie du diese meistern würdest. Nehmen wir nochmals die Teamfähigkeit als zu prüfenden Skill, wirst du also beispielsweise auf die Frage stossen, wie du mit Kolleg*innen umgehen würdest, deren Verständnis von Qualität sich wesentlich von deinem unterscheidet.

Auf beide Fragestellungen kannst du dich gut vorbereiten. Nämlich indem du dir die Anforderungen für die Stelle durchliest und überlegst, wo du die gesuchten Fähigkeiten schon erfolgreich unter Beweis gestellt hast (verhaltensbasiert) oder welche Situationen in der zukünftigen Rolle nach diesen Skills verlangen könnten (situativ). Überlegungen auf diese Fragen kannst du prima für dich in den Tagen vor dem Interview vorbereiten. Sei es vor dem Einschlafen, beim Duschen oder während einem ausgedehnten Spaziergang. Für mich persönlich funktioniert es am besten, die Frage sowie die Antwort einige Male laut auszusprechen. Ähnlich, als würde ich eine wichtige Präsentation zu Hause einüben. Und wer das schon mal gemacht hat, weiss vielleicht, wie viel souveräner und selbstsicherer der Auftritt ist, wenn es dann ans Eingemachte geht.

Und keine Bange; wirst du trotzdem mit einem Brainteaser konfrontiert, dann nimm dir Zeit, die Fragestellung genau zu analysieren, stelle wenn nötig Rückfragen und vergiss nicht: Die korrekte Antwort ist in der Regel Nebensache; der (Lösungs-)Weg ist das Ziel.

Der Vollständigkeit halber nun aber doch noch die Auflösung zum eingangs gestellten Brainteaser. Vorab: Du kannst nicht nur sehen ob eine Lampe eingeschaltet ist, sondern dank der Wärme, welche eine eingeschaltete Glühbirne abstrahlt, auch fühlen. Machen wir uns diese Erkenntnis zunutze, ist es eigentlich gar nicht mehr so schwer:

Du legst den ersten Schalter um und wartest einige Minuten. Danach legst du den ersten Schalter wieder zurück und betätigst den zweiten. Gehst du nun hoch in den Dachstock, wird die Lampe entweder ausgeschaltet aber warm sein (Schalter 1), brennen (Schalter 2) oder nicht brennen und kalt sein (Schalter 3). War doch leicht, oder? In diesem Sinne: Gutes Warm-up für dein nächstes Interview!

Marcel Hofstetter

Marcel Hofstetter

Talent Sourcing & Relationship Manager

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