Neue Geschäftsmodelle, neue Berufsbilder
Kulturwandel bei der Walter Meier (Klima Schweiz) AG: Die neue IoT-Lösung für den Wärmepumpen-Service verändert die Organisation – bis hin zu neuen Berufsbildern.
Text: Urs Binder, Fotos: © Luca Zanier,
Der erste Ferndiagnostiker bei Walter Meier heisst Andreas Schadegg. Die neue Rolle übernimmt er zusätzlich zum technischen Support der Servicetechniker. «Neben der eigentlichen Ferndiagnose der Wärmepumpen helfe ich bei der Weiterentwicklung der IoT-Lösung – der Rollout hat ja eben erst begonnen. Diese Kombination ist für mich interessant, ich kann für die Firma etwas bewirken.»
In mehreren Fällen konnte Schadegg bereits einen Fehler feststellen, bevor der Kunde etwas davon gemerkt hätte. «Wir waren hier alle fast so begeistert wie bei der Geburt eines Kindes, weil wir ein Problem frühzeitig erkennen und beheben konnten.»
Der Hintergrund: Der Heizungs- und Klimaspezialist Walter Meier bietet den Wärmepumpenkunden neu den Service «smart-guard» an. Der optimale Betrieb der Wärmepumpe wird durch konsequentes Monitoring via IoT-Plattform gewährleistet. Zudem ist dank Fernwartung oft kein Besuch eines Servicetechnikers vor Ort mehr nötig.
Geballtes Wärmepumpen-Know-how: Andreas Schadegg im Schulungsraum von Walter Meier.
Bei Walter Meier gibt es seit der IoT-Einführung zwei neue Stellenprofile: Der Ferndiagnostiker überwacht und steuert die Wärmepumpen übers Internet, analysiert Daten, zieht Schlussfolgerungen und unterstützt die Servicetechniker. Er benötigt umfassendes Wissen über die Wärmepumpentechnologie und mehrjährige Markterfahrung. «Eine Art Servicetechniker-Innendienst», merkt Thomas Grolp an, Leiter Intranet und Internet bei Walter Meier.
Das zweite neue Berufsbild ist der Diagnoseinformatiker: Er kennt sich mit Netzwerken und Protokollen aus und sorgt dafür, dass die Verbindung von der Wärmepumpe über die Analytics-Plattform bis zum Service-Dashboard des Ferndiagnostikers End-to-End funktioniert. Er erstellt zudem Schulungsunterlagen, hat zahlreiche Administrativaufgaben und arbeitet eng mit den Ferndiagnostikern zusammen.
Laut Thomas Grolp sind in einer ersten Phase schweizweit drei bis vier Ferndiagnostiker-Stellen geplant. Das interne Interesse an den neuen Positionen sei gross.
Thomas Grolp, Leiter Intranet und Internet, gehört zu den treibenden Kräften im IoT-Projekt von Walter Meier.
Walter Meier hat das Projekt primär technikgetrieben umgesetzt. Die Transformation zum digitalisierten Unternehmen bringt jedoch auch organisatorische Konsequenzen mit sich und erfordert letztlich einen fundamentalen Kulturwandel.
Von den Servicetechnikern über die Logistik bis zur Verkaufsabteilung wirkt sich die neue Dienstleistung auf alle Ebenen des Unternehmens aus. Die Servicetechniker zum Beispiel haben bei der Installation der Wärmepumpen zusätzliche Aufgaben – der Anschluss des Mobilfunk-Gateways, die Prüfung der Antenneninstallation und ein Testlauf der IoT-Verbindung nehmen rund 15 Minuten in Anspruch. Das Verkaufsteam und das Marketing brauchen Training, es gilt ja ein neues Produkt zu vermarkten.
Essentiell für den Erfolg eines «Industrie 4.0»-Projekts ist laut Experten ein dediziertes, interdisziplinäres Projektteam, das technische und organisatorische Aspekte und Skills gleichermassen abdeckt und dabei vom Management unterstützt wird. Nur so können Technik und Organisation ganzheitlich erfasst und integrativ ins neue Zeitalter überführt werden.
Andreas Schadegg ist stolz auf seine neue Aufgabe als Ferndiagnostiker – hier am Firmeneingang vor dem Logo des Unternehmens.
Und die Führungskräfte sollten während der ganzen Projektlaufzeit involviert bleiben. So lernen sie mit der neuen, komplexeren Realität samt allen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten umzugehen. Bei Walter Meier kam bereits die Idee für das neue Geschäftsmodell aus dem Top-Management, und die Geschäftsleitung steht voll und ganz hinter dem Weg der digitalen Transformation.
Allerdings: «Es wäre vermessen zu sagen, dass wir schon heute eine neue Unternehmenskultur haben», meint Thomas Grolp. Die Begeisterung, digital zu arbeiten, sei jedoch geweckt: «Das Samenkorn ist aufgegangen – bis es zu einem Baum wird, dauert es noch eine gewisse Zeit. Kulturwandel ist ein langfristiger Prozess.» Es gebe viele Ideen für weitere digitale Dienstleistungen, die man in einem Gesamtsystem verwalten wolle. Das entspricht, so Grolp, auch der Strategie der Geschäftsleitung.
Das Projekt hat Walter Meier mit durchgängiger Unterstützung durch Swisscom – von der Konzeption über die Pilotphase bis zum Betrieb der Analyseplattform – zügig umgesetzt. Seit Ende 2016 steht «smart-guard» den Kunden in einem ersten Testgebiet zur Verfügung, der schweizweite Startschuss fiel im März 2017.
«Dafür, dass wir in einem eher langsam drehenden Industriezweig unterwegs sind, haben wir in den zwei Jahren seit Projektbeginn viel erreicht», stellt Thomas Grolp mit Stolz fest.
Die Idee, den Wärmepumpen-Service durch eine IoT-Lösung effizienter zu gestalten, kam vom Geschäftsbereichsleiter Service, Stéphane Nançoz. Das Projektteam ist interdisziplinär zusammengesetzt und bezieht neben der IT und der Finanzabteilung, die Kosten und Sparpotential unter die Lupe nimmt, auch die Serviceorganisation und das Prozessmanagement ein: «Unser Service läuft nach festgelegten Prozessen ab. Wir wollten von Anfang an, dass die Fernwartung sich harmonisch eingliedert und nicht an den bestehenden Prozessen vorbeiläuft.»
Eine zentrale Figur im Team ist der Wärmepumpenfachmann. Er hat ein sehr gutes Bild davon, wie Servicetechniker vorgehen, verfügt über enormes Wissen der Wärmepumpentechnologie. «Das war entscheidend bei der Definition, welche Daten von den Wärmepumpen für die Ferndiagnose wichtig sind. Auch bei Verhandlungen mit den Herstellern war er involviert – es waren zum Beispiel Anpassungen der Wärmepumpensoftware nötig.»
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