Die produzierende Industrie ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in der Schweiz. Doch der Druck ist hoch, und eine effiziente Produktion deshalb unerlässlich. Die digitale Transformation, auch bekannt als Industrie 4.0, kann dabei eine zentrale Rolle spielen.
Text: Andreas Heer, Bilder: Keystone,
Die produzierende Industrie der Schweiz ist bekannt für hohe Qualität. Und breit aufgestellt: Von feinmechanischen Präzisionskomponenten über Uhren und Maschinen aller Art bis hin zu pharmazeutischen und kosmetischen Produkten reicht die Palette. Zudem ist diese Branche ein wichtiger Wirtschaftszweig. Das verarbeitende Gewerbe trug 2018 zu fast 19 Prozent der Bruttowertschöpfung bei. Nur der Dienstleistungssektor ist in der Schweiz gemäss Bundesamt für Statistik grösser.
So breit die Branche aufgestellt ist, so zahlreich sind die Herausforderungen. Hohe Produktionskosten im internationalen Vergleich, die Frankenstärke und eine globale Konkurrenz zwingen die hiesige Industrie, effizient zu arbeiten und sich mit innovativen Entwicklungen abzuheben. So gelingt es der Branchen, konkurrenzfähig zu bleiben. Hinzu kommt ein Fachkräftemangel in technischen Berufen und bei Ingenieuren. Dieser Umstand erschwert es, geeignete Fachleute zu finden.
Bei der Bewältigung dieser Herausforderungen spielen die Digitalisierung und Automatisierung der Produktionsabläufe eine zentrale Rolle. Technologien wie die Cloud, das Internet der Dinge (IoT) und 5G bilden die digitale Basis dieser Industrie 4.0. Die digitale Transformation führt die Unternehmen hin zu digitalisierten Prozessen und zu einer datengesteuerten Produktion. Diese Ansätze ermöglichen es auch, bestehende Geschäftsmodelle um zusätzliche Dienstleistungen zu erweitern und sich dadurch von der Konkurrenz abzuheben. Predictive Maintenance, eine Produktion «on demand» und Mietmodelle mit Service-Dienstleistungen sind Beispiele solcher innovativer Weiterentwicklungen.
Bei der digitalen Transformation geht es nicht nur um Kosteneinsparungen in der Produktion selbst. «Um die Effizienz zu steigern, müssen Unternehmen auch periphere Prozesse miteinbeziehen, wie die Zulieferer und die Logistik zwischen verschiedenen Standorten», sagt Julian Dömer, Head of IoT bei Swisscom. Erst dann kämen die gewünschten Effekte wirklich zum Tragen, die nicht nur eine schnellere, sondern auch eine flexiblere Produktion ermöglichten.
Ohne Digitalisierung sind Effizienzgewinne in ihrer Wirkung begrenzt. Denn die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Menschen, Maschinen und Infrastruktur sind eine zu komplexe Gleichung, um sie «im Kopf» zu lösen. «Hier entsteht erst Transparenz, wenn die Prozesse und Abläufe digital abgebildet werden», sagt Julian Dömer. «Dann zeigt sich auch, wo sich das letzte bisschen Potenzial zur Effizienzsteigerung verbirgt.»
«Wir sehen die Qualitätsprüfung oder die Logistik als wichtigsten Treiber», sagt Julian Dömer. Denn die automatisierte Prüfung kann den Produktionsprozess beschleunigen. Realisiert wird diese Automatisierung mit verschiedenen Massnahmen. So kann etwa ein Netz aus IoT-Sensoren Auskunft geben über die Produktionsbedingungen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Oder die Werkstücke werden mittels Kamera fotografiert, während eine AI-Anwendung die Bilder analysiert und Produktionsfehler aufdecken kann. Das beschleunigt nicht zwingend die Produktion selbst. Aber die Abläufe nach der Fertigung können deutlich beschleunigt werden, was Leerläufe und Stillstände reduziert.
Erfolgt die Fertigung rascher, hat dies Auswirkungen auf die gesamte Produktionskette, von der Supply Chain über die einzelnen Fertigungsschritte bis hin zur Logistik. Es muss sichergestellt sein, dass die benötigten Rohmaterialien in ausreichender Menge vorhanden sind und die fertigen Produkte anschliessend gelagert oder geliefert werden können.
Das World Economic Forum (WEF) untersucht in der Studie «Global Lighthouse Network» regelmässig, was erfolgreiche Produktionsunternehmen auszeichnet, die sogenannten Leuchttürme. Dabei spielen Daten eine entscheidende Rolle. Die Leuchttürme haben die gesamte Kette durchgehend digitalisiert und können dadurch datenbasierte Entscheidungen treffen und schneller kommunizieren. Steigt beispielsweise die Nachfrage, können digitalisierte Produktionsbetriebe schneller Ausgangsmaterialen bestellen, die Produktion hochfahren und die fertigen Güter ausliefern. Das ermöglicht eine markante Steigerung des Outputs, einer der zentralen KPI, um eine Leistungsverbesserung zu messen. Und eine kurze «Time to Market» ist wiederum ein willkommenes Erfolgsrezept, um gegenüber der Konkurrenz zu bestehen.
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