Der digitale Wandel stellt den Finanzmarkt zunehmend vor Herausforderungen. Innovative Strategien sind gefragt. Balz Gut, Leiter Banking Transformation bei Swisscom, erklärt welche Trends im Schweizer Bankenmarkt zu erwarten sind und wie sich Finanzinstitute adäquat darauf vorbereiten können.
Text: Martina Longo, Interview: Alina Klaus,
Balz Gut: Unter Transformation verstehen wir den kontinuierlichen Veränderungsprozess, der für einen dauerhaften, fundamentalen Wandel steht. Im Rahmen der Transformation macht sich ein Unternehmen grundsätzliche Gedanken zu seiner DNA – etwa im Hinblick auf die Geschäftsmodelle, Wertschöpfungskette oder strategische Ausrichtung. Besonders wichtig ist, dass die Transformation systematisch, mit Blick auf den Gesamtmarkt, auf relevante Trends und Innovationen sowie intern breit abgestützt und abgestimmt auf die Gesamtstrategie durchgeführt wird.
Wir begleiten unsere Kunden mit ganzheitlichem Ansatz und bei Bedarf über den gesamten Veränderungsprozess hinweg. Wir unterstützen in den Bereichen Marktbeobachtung, Trendscouting und Innovationsmanagement - vom Konzept bis hin zur konkreten Umsetzung.
Permanente, gut etablierte Transformationsprozesse sind in der Finanzindustrie wegen den rasanten Entwicklungen durch Digitalisierung, Globalisierung und Individualisierung unumgänglich. Ein Transformationsprozess soll den Veränderungen des digitalen Zeitalters gerecht werden und sich laufend den dynamischen Märkten, Wettbewerbern und Kundenbedürfnissen anpassen können. Stillstand bedeutet heute Rückschritt. Die etablierten Finanzdienstleister sind deshalb gezwungen, sich zu informieren, innovieren und transformieren. Herausforderungen können nur mit konsequenter Bereitschaft für Veränderungen bewältigt werden.
Der Markt für Finanzdienstleistungen befindet sich in einem bedeutenden Wandel: Zahlungen und Währungstransformationen werden vollautomatisiert abgewickelt, neue Wettbewerber produzieren Dienstleistungen zu enorm tiefen Kosten und bieten diese auch den Endkunden nahezu kostenfrei an, und Negativzinsen und Kapitalüberfluss erodieren die Margen. Es ergeben sich auch neue Investitionsmöglichkeiten wie z.B. Startup-Finanzierung oder der Handel mit digitalen Währungen, die einerseits neues Wissen erfordern und anderseits - aufgrund der geringen Erfahrungen damit - potenziell ein höheres Risiko bei gleicher Margenerwartung bergen.
Wichtig ist: Auch wenn sich diese Entwicklungen erst mit einer gewissen Verzögerung bemerkbar machen, können damit bestehende Geschäftsmodelle etablierter Finanzdienstleister durchaus gefährdet oder sogar obsolet werden.
Sie müssen sich den Herausforderungen jetzt stellen, Strategien entwickeln und frühzeitig reagieren, wenn sie nicht von neuen, branchenfremden Wettbewerbern überholt oder gar verdrängt werden wollen. Sie müssen einen klaren Plan erarbeiten, um die zwingend notwendige Transformation anzugehen und zu bewältigen. Dabei stehen drei Stossrichtungen im Fokus: Erstens die Business Modell Transformation, zweitens die kulturelle und organisatorische Transformation und schlussendlich die operative Stossrichtung mit der Transformation des Operating Models und der IT.
Die "Business Modell Transformation" befasst sich mit folgenden Grundsatzfragen: Wie soll das Business Modell eines Unternehmens in Zukunft aussehen? Welche Massnahmen müssen umgesetzt werden, um den Zielzustand zu erreichen? Und wie soll die Transformation umgesetzt werden?
Typischerweise läuft die Transformation in drei Schritten ab:
Zum einen geht es darum, im Unternehmen eine nachhaltige Kultur der Veränderungsfähigkeit zu etablieren. Zum andern soll mit organisatorischen Massnahmen das Fundament für die laufende Transformation des Geschäftsmodells und des Operating Models geschaffen werden. Change Management ist hingegen auf ein einzelnes Vorhaben ausgerichtet, das eine bereichsübergreifende, weitreichende Veränderung bewirken soll.
Im Gegensatz dazu geht es bei der kulturellen Transformation um ein fundamentales Mindset-Thema in der gesamten Organisation eines Unternehmens. Da ist es zentral, dass den Mitarbeitenden die Angst vor Neuem genommen wird. Eine nachhaltige Transformation kann nämlich nur erreicht werden, wenn sich die Mitarbeitenden mit Veränderungsprozessen identifizieren und dazu motiviert werden, Innovation zu unterstützen.
Die Begriffe werden heute in der Tat ziemlich strapaziert. Kein Unternehmen wird "digitalisiert", keine Transformation ist rein digital und eine Digitalisierungsstrategie gibt es aus meiner Perspektive nicht. Neue Technologien können jedoch Transformationsvorhaben vorantreiben, erleichtern oder ermöglichen.
Unternehmen müssen sich damit beschäftigen, wie sie sich die neuen Möglichkeiten im Rahmen ihrer Gesamtstrategie zu Nutze machen können. Das kann beispielsweise im Bereich der Customer Journey, im Produktangebot, in der Wertschöpfungskette oder der Bereitstellung des Angebots über digitale oder hybride Kanäle sein. Die Digitalisierung ist immer Mittel zum Zweck und nicht umgekehrt. Es sollen nicht nur Digitalisierungsziele erreicht werden. Vielmehr soll die Digitalisierung helfen, Geschäftsziele zu erreichen.
Balz Gut ist Leiter des Geschäftsbereichs "Banking Transformation" bei Swisscom. Er verantwortet unter anderem die Trendscouting-Einheit e.foresight sowie das Swisscom Banking Consulting. Im Rahmen seiner Tätigkeit befasst er sich eingehend mit Innovationsvorhaben von Finanzinstituten und unterstützt diese in ihren Transformationsprogrammen. Er ist dabei in intensivem Austausch mit Digitalisierungsverantwortlichen von Banken, Hochschuldozenten und Unternehmensberatern und verschafft sich so laufend eine aktuelle Sicht auf die Trends und Aktivitäten auf dem Schweizerischen Bankenmarkt.
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