Eine neue Plattform verbindet Echtzeitdaten aus Fahrzeugen mit verschiedenen Anbietern wie Versicherungen oder Garagen und schafft so ein offenes Ökosystem für die Schweiz. Das ist eine Chance für Schweizer Unternehmen, weiss Jaap Vossen, Head of IoT.
Text: Tanja Kammermann, Bilder: Jeannette Bölle / TNT, 22. Januar 2018
Swisscom: Eine neue Plattform namens autoSense nutzt Echtzeitdaten aus Fahrzeugen und vernetzt diese auf einer Plattform. Was kann die Plattform?
Jaap Vossen: Nach Inbetriebnahme von autoSense stehen dem Kunden verschiedene Informationen zum verknüpften Auto in einer App zur Verfügung. Der Kunde kann statische und dynamische Fahrzeugdaten abrufen, den WiFi-Hotspot nutzen oder verschiedene Partnerservices wie die Anbindung einer Versicherung, Garage oder ein Tankstellennetz abrufen. Es gibt aber auch spielerische Elemente zum Fahrverhalten, beispielsweise gibt es Punkte für nachhaltiges Fahren.
Jaap Vossen, Bis Mai 2018 Head of IoT bei Swisscom, seit Juni 2018 CEO bei Autosense
Woher kommen denn diese Daten auf der Plattform und wie steuert sie der Kunde?
Via einen Dongle (Hardwareschlüssel) werden Fahrzeugdaten von der Telematik-Einheit aus dem Fahrzeug ausgelesen. Mittels mobiler IoT-Technologie werden diese Daten in eine Cloud übertragen. autoSense erstellt daraus einen für den Endkunden nutzbaren Service. Der Endkunde erteilt autoSense in der App seine Einwilligung, die Daten seinen bevorzugten Drittpartnern (z.B. Versicherer, andere Garagen, Tankstellen, Konsumgüteranbieter) zur Verfügung zu stellen. Diese Einstellungen kann er jederzeit selber ändern.
Kommt nach dem gläsernen Bürger der gläserne Autofahrer?
Sobald ich etwas verbinde, schaffe ich Transparenz, das ist klar. Wie beispielsweise das iPhone, das meine Health-Daten aufzeichnet. Bei autoSense ist das so restriktiv wie irgendwie möglich gelöst. Für Firmenanwendungen werden wir wahrscheinlich einen Privacy Button einführen. Und wenn man im Privacy Mode ist, wird gar nichts aufgezeichnet. Mein Fahrzeug, ein BMW, ist auch vernetzt. Diese Daten gehen alle immer direkt zum Hersteller und ich habe als Fahrer nicht sehr viel davon. Wir geben dem Kunden die Möglichkeit, die Daten jederzeit selber zu steuern und von individualisierten Angeboten zu profitieren.
Was ist die Idee hinter autoSense?
Die Daten sammelt das Auto immer, nur können die Fahrer diese heute nicht verwerten. Wir wollen das ändern, Fahrzeuge intelligent vernetzen und eine neutrale Plattform schaffen, die ein offenes und nachhaltiges Ökosystem für die Schweiz rund ums Auto schafft. Fahrzeugflotten von Unternehmen haben bereits ähnliche Systeme, die Routenplanung und weiteres möglich machen. Was aber fehlt, ist die Einbindung lokaler Anbieter. Und Fahrzeughersteller schaffen eigene, in sich geschlossene Systeme. Unser Ökosystem ist bewusst offen für alle.
Via einen Hardwareschlüssel werden die Fahrzeugdaten ausgelesen und in einer App bereitgestellt.
Wer hat die Plattform entwickelt?
autoSense ist ein Projekt von Swisscom. Partnerfirmen wie Helvetia, AMAG und Emil Frey haben aktiv Inputs geliefert. In die Entwicklung eingebunden sind ein auf innovative Softwareentwicklung für die Telekommunikationsbranche spezialisiertes Unternehmen und verschiedenste Startups aus der Automobilbranche. Ein weiterer Partner ist ein etablierter Hardware-Lieferant aus Frankreich für Car-to-Cloud-Technologien.
Was bringt diese Anwendung Swisscom?
Es geht um Kundenbindung, aber wir verdienen auch Geld mit der Anwendung. Der Dongle hat eine SIM-Karte integriert, über die man eine Wifi-Verbindung einrichten kann. Und wenn wir zum Beispiel Daten an Helvetia weiterleiten, werden wir dafür einen Betrag für den Betrieb der ganzen Applikation verlangen. Aber wir reden hier von einem Nischenprodukt.
autoSense ist seit Oktober 2017 in Betrieb. Was für Menschen nutzen die Plattform bereits?
Da haben wir alles dabei, vom Junglenker, der frisch den Fahrausweis hat, bis zum 70-jährigen Autofahrer. Der Nutzen ist für jeden unterschiedlich. Einige wollen ihre Fahrten unkompliziert und automatisch über ein Spesentool abrechnen, andere nutzen die Fahrzeugdaten um zu checken, ob mit ihrem Fahrzeug alles in Ordnung ist. Oder sie vereinbaren direkt via App online einen Termin mit der Garage. Und wieder andere richten mit der App einen Wifi-Hotspot für die Kinder ein.
Für nachhaltiges Fahren gibt es Punkte und dank autoSense weiss ich jederzeit, wo mein Auto steht.
Gibt es schon Reaktionen von Kunden oder Partnern?
Wir haben bisher überdurchschnittlich positive Rückmeldungen erhalten. So war es möglich, im Zeitraum von Mitte Oktober – Mitte Dezember 2017 über 120 Vorbestellungen im Bereich B2C zu generieren und viele interessante Partnergespräche zu führen. Im Bereich B2B-Partnerschaften haben wir einerseits interessierte Parteien, die autoSense als Flottenlösung in ihrem Unternehmen einführen, andererseits ihre Services in der App anbieten wollen. Hier reden wir von Tankstellen, Leasingpartnern bis hin zu Garagisten oder Versicherern.
Kann man autoSense bereits kaufen?
autoSense ist momentan in einer Aufbauphase und seit Januar 2018 in einer dreimonatigen Betaphase. Im Moment werden unter anderem die Prozesse definiert, erste Kundenrückmeldungen gesammelt, mögliche Partnerschaften definiert und aufgebaut und generelle Vorbereitungen für die Phase danach getroffen.
Wo steht die Plattform in 5 bis 10 Jahren?
Das Ziel ist, bis dahin eine grosse Anzahl von Fahrzeugen auf der Plattform zu haben. Je mehr wir erreichen, desto interessanter wird es für Partner. Bis dahin werden nicht nur Garagen, Pannenhelfer und Versicherungen eingebunden sein, sondern auch Tankstellen, Leasinganbieter, Anbieter von Parkplätzen, Detailhändler, die Waren ins Auto liefern, Peer to Peer Sharing-Angebote, Dienstleistungen wie Autoreinigungen während ich arbeite, sehr viele zusätzliche Services also.
Testen Sie als einer der ersten Autofahrer in der Schweiz autoSense und werden Sie Teil der vernetzten Welt:
www.autosense.ch
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