Experten-Interview mit Sascha Dengler

«Komplexität raus, CX und Nutzen rein»

S wie Simplicity, C wie Customer. Die bestehenden SAP R3 und SAP ECC Systeme sind komplex. Die 4HANA Welt mit dem Power-Paar S/4HANA und C/4HANA ist standardisiert, cloudbasiert und in time. 4HANA vereinfacht Prozesse und IT-Landschaften, da sich alles in einem einzigen geschlossenen System mit Echtzeitdaten befindet.

Text und Interview: Brunhilde Mauthe,

Einfache Einstiegsfrage, was bringt die Umstellung auf SAP S/4HANA und C/4HANA?

Hinter dem neuen S/4HANA und C/4HANA steckt eine um Welten verbesserte Kundenexperience rund um die Waren-, bzw. Produktbewirtschaftung. Darum wird auch jetzt schon von «SAP CX», CX wie Customer Experience, gesprochen.

S4/HANA und C/4HANA sind standardisiert und stehen in starkem Kontrast zum aufwändig individualisierten ERP mit SAP R3 und SAP ECC. Zudem ist eine solche Umstellung ein grosses Projekt. Warum sollten Unternehmen dennoch jetzt umstellen?

Individualisierungen sind im Standard von 4HANA vorgesehen, das ist das Bestechende am Power Paar S4 und C4. Für individuelle Anpassungen können Firmen oder SAP Dienstleister Extensions (ähnlich einer App) programmieren, in welchen die benötigten Individualisierungen, also „User Stories“, hinterlegt sind. Das heisst zum Beispiel, unabhängig davon, ob ich unser Logo für die neue Marketingkampagne oder für den Newsletter aus dem Media Asset Management benötige, greift das System auf die Extension des Media Asset Management „User Story: Bild holen“ zu, ohne Integrationen und Codeveränderung. Die Extension macht die User Story „Bild holen“ mit S/4HANA zu einem Standardprozess via Trigger oder Time Based Workflow. Dies steht im Gegensatz zu den "alten" ERPs, in welchen die User Story „Ich benötige unser Logo“ für die Kampagne und den Newsletter zwei unterschiedliche Schnittstellen erforderte.

 

Für SAP Dienstleister, wie Swisscom, ist das doppelt interessant: wir können die einmal erstellten Apps (Kyma Services) für andere Kunden wiederverwenden oder gemeinsame Entwicklungen für mehrere Kunden umsetzen. Die Intellectual Property bleibt in der Regel beim Programmierer und wird in Zukunft zu einem der wichtigsten Geschäftsfelder in der Cloud IT und damit auch für C/4HANA und S/4HANA Dienstleister relevant.

Sie nennen das Stichwort C/4HANA – worum geht es dabei?

2013 hat sich SAP entschieden, neben dem ERP, intensiver in weitere Unternehmensbereiche einzusteigen. Daraus entstanden ist die C4/HANA Welt. Diese neue Cloud-Welt ist laut bekannter Analysten bezüglich Marktvolumen drei bis viermal so gross wie das Marktvolumen von S/4HANA!

 

Das „C“ steht dabei für Customer: SAP C/4HANA ist eine smarte CRM 2.0 Plattform, die aus fünf miteinander verbundenen Cloud-basierten Marketing- und CRM-Anwendungen besteht: Marketing-, Commerce-, Customer-, Sales- und Service-Cloud. Der grosse Unterschied zu konventionellen CRM-Plattformen liegt darin, dass sie sich nicht nur auf den Verkaufsprozess, sondern auf den Kunden konzentriert. Womit wir wieder bei CX, der Customer Experience angelangt sind. Der User hat jederzeit Zugriff auf alle Systeme und damit auf alle Daten in Echtzeit, wodurch er sehr viel schneller und agiler am Markt reagieren kann.

C/4HANA Kunden Clouds

Customer Data Cloud: Ort des Kunden-Logins (mit DSVGO Konsens) und Kundenprofil-Erstellung
> Factsheet (PDF)

 

Service Cloud: Ticketing System, Ersatzteile, Servicetechniker auf dem Feld

 

Sales Cloud: CRM mit allem was zum Kunden hinterlegt ist

 

Commerce Cloud: Web und e-Shop, Handel

 

Marketing Cloud: Segmentierung und Klassifizierung des Kunden (Gold- oder Platinkunde, Voucher oder Cashback etc.)


«Der User hat jederzeit - in Echtzeit - Zugriff auf alle Systeme und damit auf alle Daten.»

Sascha Dengler, Management Consultant SAP CX

Und wie agieren diese beiden Systeme miteinander?

Beides sind standardisierte Cloud Systeme: S4 mit ERP und C4 mit den 5 verbundenen Kunden-Clouds, Marketing-, Commerce-, Customer-, Sales- und Service. Die Cloud Integration Plattform verbindet die Systeme untereinander, wie auch mit Drittsystemen, die schon im Einsatz sind. Das heisst, die standardisierten und integrierten Schnittstellen zwischen S4 und C4 bestehen schon und werden einfach erweitert mit User-Exits (SAP Standarderweiterungen). Zusätzlich bietet das Extensions-Framework SAP Kyma (Apps) einfache und rasche Lösungen für weitere Verbindungen zwischen den Systemen und Drittsystemen.

Wann und wie soll ein Kunde in die 4HANA Welt wechseln?

Wann? Technisch spätestens vor 2027, denn ab dann wird SAP ECC und R/3 nicht mehr unterstützt, aber aus Kundensicht besser schon gestern.

 

Wie? Der Kunden hat verschiedene Möglichkeiten. Erst S/4HANA umstellen und dann die C/4 Themen angehen. Aber auch der umgekehrte Weg kann der richtige sein. Das ist abhängig von der Strategie. Für den C/4 gibt es ein Movement Program das drei Szenarien beinhaltet.

  1. Alles was vorher im ECC oder R/3 aktiv war kommt auch wieder ins S/4. Da ist die „Safeguard Variante“.
  2. Wenn neue Komponenten aus der C/4 Cloud hinzu kommen sprechen wir von der „Hybrid Variante“.
  3. Wenn die Funktionen Service und Sales vollständig auf C/4 verlagert werden, sprechen wir von der „Digitalisierungsvariante“. Hier ist es sinnvoll zuerst zu verlagern und danach das S/4HANA-Projekt zu starten.

Vorteile von S/4HANA und C/4HANA

  • Cloud basiert
  • Automatische Updates
  • weniger Wartung
  • weniger Komplexität
  • besserer Kundenservice
  • schnelleres Go to Market
  • mehr out-of-the-box Integration für die Systemlandschaft und Applikationen der Kunden
  • Kundennutzen steht im Vordergrund
  • Das Business setzt Projekte schneller um, die IT wird nicht mehr zum Nadelöhr

«Der Wechsel in die 4HANA Welt wird individuell gestaltet.»

Sascha Dengler, Management Consultant SAP CX

Wer hat in der Schweiz schon auf S/4HANA umgestellt?

Ricola und die SV-Group haben gemeinsam mit Swisscom auf S/4 umgestellt. Viele andere Kunden haben mit der Umstellung auf das S/4 Portfolio begonnen und es sind mittlerweile fast 50 Kunden in den Discover- und Prepare-Workshops. Viele Kunden prüfen in diesem Zusammenhang auch die C/4 Komponenten.

Und Swisscom?

Im Rahmen von Simplicity werden wir ebenfalls auf S/4HANA wechseln und uns einige Varianten von C/4HANA genauer ansehen. Neben dem Bereich CRM schauen wir uns auch den Bereich direktes Kundenfeedback an, damit wir O-Data (operative Daten) und X-Data (inkrementelles Kundenfeedback) besser analysieren können. Wir evaluieren dazu unser Vorgehen, gleich wie unsere Kunden.

Ein letztes Wort?

Wir leben derzeit in einer radikalen Übergangswelt. S4 und C4 helfen bei der Vereinfachung von Prozessen, Systemlandschaften und der Kundenausrichtung, indem sich alles in einem einzigen geschlossenen System befindet und Daten in Echtzeit zur Verfügung stehen. Alle Daten haben ihren spezifischen und zugewiesenen Ort in den Systemen. Die 4HANA Umgebung bildet ein stabiles Gebilde mit modernster Architektur, wo alle Prozesse in einer intelligenten Suite vereint sind.

 

Und noch etwas, mit der 4HANA Welt konzentriert sich SAP auf seine Stärken, nämlich End-to-End Szenarien für den Kunden: Lead-to-Cash, Recruit-to-Retire (HR), Design-to-Operate (Supply Chain) und Source-to-Pay (Spend Management) auf Basis des Digital Cores S/4HANA. Gleichzeitig werden diese Lösungen auf verschiedenen Umgebungen angeboten, sei es ein Hosting in der Swisscom Umgebung oder auf den Multi-Clouds (Azure, Google oder AWS). Damit besinnt sich SAP zurück auf seine Kernkompetenzen und bindet die Ecosysteme besser ein. Jeder konzentriert sich auf die Dinge, in welchen er wirklich stark ist; wir sind es im Betrieb und der Einführung der Systeme sowie in der Einbindung der Third Party Extension und Weiterentwicklungen.


Zur Person

SAP Spezialist Sascha Dengler ist Ingenieur und zertifiziert in C/4HANA (Marketing, Handel, Vertrieb, Service und Kundendaten). Er ist für Swisscom als erfahrener Consultant für die Analyse, Konzeption, Implementierung und Betreuung von SAP-C/4HANA Anwendungen wie auch der SAP-Strategie und -Beratung verantwortlich.

Seine Kernkompetenzen liegen in den Bereichen Customer Experience, Vertriebswege, Kunden- und Produktdaten sowie deren Integration in die Kundenarchitektur. Er hat zahlreiche digitale Transformation- und End-to-End-Integrationsprojekte umgesetzt.




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