Swisscom Kickbox: Innovation in Unternehmen fördern
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Wie Unternehmen innovativ bleiben

Mit dem Innovationsprogramm «Kickbox» weckt Swisscom bei den Mitarbeitenden den Unternehmergeist. Damit sollen nicht nur neue interne Produkte und ganze Geschäftszweige entstehen, sondern auch Spin-offs und gemeinsame Projekte mit Partnerunternehmen – quasi «out of the box».

Grosse und mittlere Unternehmen sind schwerfällig, wenig innovativ und der Routine verfallen, während Start-ups und Kleinunternehmen kreativ, dynamisch und erfinderisch sind. Dieses Klischee dürfte zwar nicht komplett falsch sein, trifft aber auf Swisscom überhaupt nicht zu. Denn, wie in anderen grossen Unternehmen auch, steckt in den Mitarbeitenden viel Potenzial, das nur angezapft werden muss.

Mitarbeitende, die eine zündende Idee haben, können sich für eine sogenannte Kickbox bewerben und ihre eigene Idee zu einem Projekt weiterentwickeln. Mit diesem Innovationsprogramm Kickbox soll der interne Unternehmergeist gefördert werden. Mit dem eigentlichen Ideenwettbewerb generierte Swisscom bereits zahlreiche Projekte, aus denen nun neue Produkte, ja ganze Geschäftszweige und Spin-offs werden sollen.

Was steckt in der Kickbox?

Swisscom Kickbox Inhalt
In der Kickbox steckt allerlei Nützliches, um ein Projekt weiterzuentwickeln.

Die Kickbox gibt es in den drei Farben Rot, Blau und Gold. Wer mit seiner Idee die erste Hürde schafft, erhält die rote Kickbox. In der kleinen Kartonschachtel befinden sich diverse Dinge, die den Projektleitern als Starthilfe dienen: etwa ein Handbuch mit Tipps und Informationen zur Ideenvalidierung, ein Zeitbudget von 20 Prozent der Arbeitszeit während zweier Monate, ein Startguthaben von 1000 Franken sowie Kaffee-Gutscheine, Süssigkeiten und wertvolle Kontakte zu internen und externen Experten.

Nach zwei Monaten wird in einem Pitch entschieden, ob das Projekt mit einer blauen Kickbox (Budget: ca. 10’000 bis 20’000 Franken, Zeitraum: vier bis sechs Monate) weitergeführt wird. Das Ziel ist dann, eine marktreife Idee zu entwickeln. In der dritten und letzten Phase – also mit der goldenen Kickbox – beträgt das Budget 100’000 Franken und mehr und die Gewinner können ihre volle Arbeitszeit für ihr Projekt einsetzen. Daraus sollte ein Spin-off, ein neuer Geschäftsbereich oder ein Joint Venture mit einem anderen Unternehmen resultieren.

Intrapreneurs mit Unternehmergeist

Swisscom Kickbox

Swisscom Kickbox: Mehr Informationen

Erfahren Sie mehr über die Kickbox Academy und wie Swisscom mit Start-ups zusammenarbeitet.

Unternehmen, die Interesse an der Kickbox haben, können sich per E-Mail melden.

Ursprünglich stammt die Idee der firmeninternen Innovationsbox vom Softwareunternehmen Adobe. «Wir haben die Idee adaptiert und nach unseren Bedürfnissen weiterentwickelt», erklärt David Hengartner, Initiant der Swisscom Kickbox. Von der ursprünglichen Adobe-Box seien aber nur noch etwa zehn Prozent enthalten.

Nach der erfolgreichen Beendigung der Pilotphase wird das Intrapreneurship-Programm nun weitergeführt. Einerseits kommen laufend neue Erstbewerber für die rote Box hinzu. Andererseits sind insbesondere die ersten goldenen Kickbox-Projekte auf bestem Weg dazu, neue Produkte und Umsatzkanäle zu generieren. Es werden aber auch permanent neue Konzepte getestet: So sollen beispielsweise Swisscom-Mitarbeitende in die Projekte investieren können. Oder vielversprechende Intrapreneure können bis zu drei Monate in den Swisscom-Outposts im Silicon Valley, in Berlin oder in Schanghai an ihren Ideen arbeiten.

David Hengartner, Initiant der Swisscom Kickbox.
David Hengartner, Initiant der Swisscom Kickbox.

Der Freiraum, den die Kickbox ermöglicht, kostet zwar Zeit und Geld. «Doch wenn daraus fruchtbare Geschäftsbereiche entstehen, sind die Ressourcen gut angelegt», sagt Hengartner.

Mehrwert für Mitarbeitende und Kunden

Neben Arbeitszeit und Startguthaben erhalten die Gewinner einer Kickbox auch Unterstützung durch interne und externe Spezialisten und können viel Erfahrung sammeln. Der Innovationsprozess kann auch für externe Unternehmen von Nutzen sein. Mit einem Cross-Company-Ansatz können sich Unternehmen als Experten und Partner für Projekte oder für ein daraus resultierendes Spin-off engagieren.

Seit einem Jahr hat Swisscom das Kickbox-Programm geöffnet und bietet es als Dienstleistung für Unternehmen an – eine Art «Innovation as a Service», wie Hengartner erklärt. Inzwischen gibt es bereits zehn zahlende Kunden. Auch eine Zusammenarbeit mit Hochschulen ist im Gange. Daraus ist beispielsweise ein Kurs für ETH- und HSG-Studierende entstanden und der «Lean Start-up Academy»-Kurs an der ETH.

Eine neue Möglichkeit, um interne Ideen und Projekte voranzubringen, ist die Finanzierung über sogenannte KickAngels – dem ersten Enterprise Crowdfunding in der Schweiz: In einem Pilot erhalten 100 Swisscom-Mitarbeitende je 1000 Franken, um in Projekte ihrer Wahl zu investieren. Die Projekte befinden sich in der roten Phase und erreichen bei genügender Zustimmung die blaue Phase. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen Mitarbeitende auch eigenes Geld in Projekte investieren können.

Das Innovationsprogramm zeigt, wie Grossunternehmen ihre Mitarbeitenden dazu ermutigen können, innovativ zu denken und Prozesse weiterzuentwickeln. «Mit der Kickbox fördern wir den internen Unternehmergeist und stärken die Innovationskultur nach dem Motto: try fast, fail fast, learn fast», fasst Kickbox-Initiator David Hengartner zusammen. Mit der richtigen Methode gelingt es also auch in Grossunternehmen, den Start-up-Geist zu wecken und neue Ideen entstehen zu lassen.


Best of Kickbox: aktuelle Projekte

Bisher haben über 150 Swisscom-Mitarbeitende die rote Kickbox erhalten. 22 erreichten auch die blaue Phase und konnten einen Prototyp ihres Produkts mit Kunden testen. Auch die goldene Kickbox wurde schon vier Mal vergeben.

An einem internen Anlass konnten die Kickbox-Gewinner ihr Projekt vor Publikum und einer Jury aus der Konzernleitung erneut pitchen, um die Ideen weiterzubringen. Die folgenden vier Projekte zeigen beispielhaft, wie vielfältig und innovativ diese bereits sehr weit gediehenen Ideen der Mitarbeitenden sind.

PayWatch: ÖV-Tickets mit Werbekonsum bezahlen

Die Idee von Andreas Sunman ist bestechend einfach: Mit PayWatch sollen ÖV-Benutzer dafür bezahlt werden, dass sie sich auf dem Smartphone Werbe-Clips ansehen. Damit soll man sein ÖV-Ticket bezahlen, eine Datenoption fürs mobile Surfen erwerben oder Webseiten werbefrei nutzen können. Zu einem späteren Zeitpunkt liessen sich mit PayWatch vielleicht auch Rabatte in Web-Shops sammeln. «Wir wollen erreichen, dass die Nutzer Werbung nicht mehr als lästig empfinden, sondern sie bewusst anschauen, weil sie einen Gegenwert dafür erhalten und sich selbst dafür entscheiden können, welchen Content sie sich anschauen wollen», sagt Andreas Sunman. Das Projekt hat die blaue Kickbox erreicht und konnte bereits die beiden grössten Werbehäuser begeistern.

PayWatch Swisscom Kickbox
PayWatch von Andreas Sunman: ÖV mit Werbevideos bezahlen.

DroneGuard: Vernetzte Drohnenabwehr übers Swisscom Mobilfunknetz

Drohnen können zur Bedrohung werden – sei es wegen terroristischer Nutzung, wegen Unfällen oder wegen der Verletzung der Privatsphäre. Technologien, um unerwünschte Drohnen beispielsweise von Behörden, Gefängnissen, Flughäfen oder kritischen Infrastrukturen fernzuhalten, gibt es bereits. Das Ziel von DroneGuard ist es nun, Sensoren zur Abwehr via Mobilfunknetz mit Steuerungseinheiten kommunizieren zu lassen. Später sollen auch Registrierungen, Lizenzierungen und Alarmierung bei Drohnenbedrohungen über das Mobilfunknetz und mit Blockchain-Technologie abgewickelt werden können. DroneGuard hat eine spezifische Methodik entwickelt, wie Drohnenbedrohungen analysiert und dargestellt werden können. Das Projekt von Dominique Brack und Klaus Gribi befindet sich in der blauen Kickbox-Phase.

DroneGuard, Drohnenabwehr, bei Swisscom Kickbox
Klaus Gribi (links) und Dominique Brack beschäftigen sich mit dem Schutz vor Drohnen.

Make Translation better: Effizienter übersetzen

Swisscom gibt viel Geld für Übersetzungen aus. Ein Grossteil der Kosten entsteht bei der Organisation und aufgrund von Doppelspurigkeiten. Standardmässig werden Texte, Webseiten, Produktebeschreibungen, Artikel und Mitteilungen in mehrere Sprachen übersetzt – von unterschiedlichen internen und externen Übersetzern. Zudem werden ähnliche oder sogar dieselben Texte immer wieder von Neuem und in unterschiedlichen digitalen Formaten übersetzt. Die Übersetzungsplattform von Andreas Pages und Catrin Urbig soll diese Übersetzungsvorgänge über das gesamte Unternehmen auf einer einzigen Plattform vereinen und effizienter gestalten, etwa durch maschinelle Übersetzung. Das Projekt befindet sich in der Gold-Phase.

Swisscom Kickbox: Übersetzungen zentral und automatisiert
Andreas Pages (links) und Catrin Urbig wollen Übersetzungen koordinieren und automatisieren.

thingdust: Den optimalen Arbeitsplatz finden

thingdust zeigt den Mitarbeitenden in Echtzeit, welche Arbeitsplätze und Sitzungszimmer gerade frei sind und welches Raumklima dort vorherrscht. Mittels vernetzter Sensoren analysiert das System die aktuelle Belegung, misst die Temperatur und macht diese Informationen für alle Benutzer verfügbar. Auf diese Weise soll die Nutzung von Büroflächen optimiert und das Arbeitsumfeld für Mitarbeitende und Besucher angenehmer gemacht werden. thingdust hat den Gold-Status erreicht und ist inzwischen zu einem unabhängigen Start-up geworden.

thingdust: Freie Sitzungszimmer finden
Stefan Landolt hilft mit thingdust, freie Sitzungszimmer zu finden.

Sämtliche Bilder in diesem Artikel wurden im Rahmen eines Anlasses im EWZ Unterwerk Selnau in Zürich aufgenommen, an dem die besten Kickbox-Projekte vorgestellt wurden. Fotos: Raphael Zubler.