Sie möchten sich selbständig machen? Überlegen Sie sich doch einmal eine Geschäftsübernahme anstelle einer Neugründung. Denn es bieten sich dabei interessante Chancen. Erfahren Sie hier, worauf es ankommt – inklusive einer Hilfe zur Einschätzung der ICT-Infrastruktur.
Sie haben schon immer davon geträumt, Ihr eigener Chef oder die eigene Chefin zu sein? Der erste logische Gedanke ist, mit einer zündenden Businessidee ein eigenes Geschäft aufzuziehen. Doch es lohnt sich, zuerst die bestehende Unternehmenslandschaft in der Schweiz unter die Lupe zu nehmen. Denn gemäss einer aktuellen Studie zur Unternehmensnachfolge in der Schweiz ist bei rund 95’000 Unternehmen die Nachfolge noch nicht geregelt – das sind 15 Prozent der im Handelsregister eingetragenen Unternehmen. Folglich stehen die Chancen nicht schlecht, dass Sie unter den bestehenden Firmen einen passenden Betrieb für Ihre Zukunftsvision finden.
Geschäftsübernahme vs. Neugründung: Was bedeutet das?
Der grundlegendste Unterschied ist, dass ein Nachfolger ein Unternehmen nicht von Grund auf neu bauen muss – das kann sowohl Vor- als auch Nachteil sein. Ein bestehendes Unternehmen und seine Dienstleistungen oder Produkte sind auf dem Markt bereits positioniert, und es bestehen gefestigte Beziehungen zu Kunden und Lieferanten. Sie kaufen sich in stabile Strukturen und damit in der Regel in ein wirtschaftliches Arbeitsumfeld ein, das von Anfang an Umsatz und Gewinn generiert. Ihr Lohn ist folglich gesichert, und Kredite, die bei der Geschäftsübernahme entstanden sind, können Sie mit einer gewissen Sicherheit tilgen.
Ein erfahrenes Team, Know-how, Infrastruktur und Prozesse sind eingespielt. Eine Firmenkultur ist etabliert, und die Organisation läuft. «Never change a winning team»? Grundlegende Umstrukturierungen sind immer eine Herausforderung. Als Nachfolger sind daher ein klares Konzept und ein gutes Gespür für den Menschen wichtig. Sie sollten sich mit viel Feingefühl und Sozialkompetenz in das bestehende Team einbringen.
Nachfolger sichern Jobs
Im Gegensatz zu Neugründern und Start-ups spornt einen Nachfolger nicht zwingend der Wunsch an, die eigene brillante Idee zu verwirklichen. Vielmehr leistet er einen Beitrag an die Gesellschaft, indem er bestehende Jobs, Expertise und damit oft eine über Jahre aufgebaute Tradition mit frischen Ideen am Leben erhält.
Während der nächsten fünf Jahre hängen in der Schweiz rund eine halbe Million Arbeitsplätze von Geschäftsübernahmen ab. Und nicht nur das: Wird ein Unternehmen nicht übernommen, gehen auch Know-how und Steuereinnahmen verloren.
Die Juwelen übernehmen
Wie ist die Situation in der Schweiz? Die folgenden Kennzahlen liefern Insights in die Welt der offenen Nachfolgeregelungen und leiten Sie vielleicht auf einen bisher nicht bedachten Weg in die Selbstständigkeit. Einige Branchen sind stärker von der Problematik betroffen als andere. Das kann aber auch ein Indikator für eine langsam schrumpfende Branche sein. Es lohnt sich, die Branchen ohne geregelte Nachfolge gut zu überprüfen und Potenziale abzuschätzen.
Laut der Studie von Bisnode werden in der Schweiz mittelgrosse Betriebe mit 50 bis 249 Mitarbeitenden am häufigsten übernommen. Grund dafür ist oft die Effizienz, denn der Prozess wie auch der damit verbundene Erfolg eines oft über mehrere Generationen dauernden Aufbaus wird so beschleunigt.
Umgekehrt haben Kleinstbetriebe häufig keine konkrete Nachfolgeregelung. Und genau da finden sich einige Juwelen mit Unternehmern, die einst ihre Passion zum Beruf gemacht haben. Beispielsweise kleine Manufakturen, der Detailhandel oder Firmen aus dem Dienstleistungssektor – die Einzigartigkeit im Visier, lohnt sich ein genauer Blick.
Gut Ding will Weile haben
Auch Ausdauer ist gefragt: Eine Geschäftsübernahme kann je nach Übertragungsform vom Erstkontakt bis zur finalen Übernahme bis zu fünf Jahre dauern. Insbesondere dann, wenn ein Unternehmen nicht im Familienkreis weitergegeben wird, sind umfassende Verhandlungsrunden nicht ungewöhnlich, bevor der Inhaber sein Lebenswerk mit gutem Gewissen weitergeben kann.
Für den Nachfolger ist die intensive Übernahmephase ebenso wertvoll, um einen klaren Überblick über Portfolio, Finanzen, Prozesse, Kultur und Ressourcen zu erhalten. Die gängigsten Übertragungsformen sind:
- Family Buy-Out: Das Unternehmen wird familienintern, beispielsweise vom Vater zum Sohn oder zur Tochter, übertragen. Ein Familienunternehmen wird so über Generationen weitergeführt. Voraussetzung für eine erfolgreiche und solide Weiterführung im Familienkreis sind klare finanzielle Verhältnisse und Rollen.
- Management Buy-Out: Das Unternehmen wird dem bestehenden Management, also an bestehende Mitarbeitende bzw. Führungspersonen, übertragen. Das bringt den Vorteil, dass Unternehmenskultur, Prozesse etc. schon vertraut und Mitarbeitende mit dem neuen Chef bekannt sind.
- Management Buy-In: Das Unternehmen wird einem neuen Management übertragen, sprich: ein neuer Geschäftsführer kauft sich ein – die zeitintensivste Übernahmeform.
Das Verständnis fürs Business
Was unterscheidet einen erfolgreichen Nachfolger von jemandem, der ein Unternehmen oder ein Start-up gründet? Nachfolger kämpfen häufig alleine, während Start-ups eher in Teams agieren. Auf der anderen Seite können Gründer auch einiges von Nachfolgern lernen, vor allem, wenn es ums Business geht: Ein Nachfolger «hat sich bereits intensiv mit einem Business und dem Markt beschäftigt und geht damit ein geringeres Risiko ein», sagt Simon May, Geschäftsführer des Instituts für Jungunternehmen (IFJ), in einem Interview im «Nachfolgemagazin». «Ein Verkäufer wie auch ein Käufer haben einen Businessplan, darauf ausgelegt, wirklich führen zu können und eine Messgrösse zu haben. Firmengründer sollten diesbezüglich gleich vorgehen. Sie sind Chefs und damit für alles zuständig. Das bedingt, dass sie unternehmerisches Verständnis aufbringen und ihr Geschäftsmodell durchdenken. Das klingt banal: Was verkaufe ich wem für wie viel? Die detaillierte und Erfolg versprechende Beantwortung ist es oft nicht.»
Nun haben wir so viele positive Seiten von Geschäftsübernahmen diskutiert – warum wollen dennoch mehr Menschen ein Unternehmen gründen, anstatt ein bestehendes weiterzuführen? «Es ist halt attraktiv, etwas Neues zu kreieren. Es geht darum, einen Traum umzusetzen. Und auch die mediale Aufmerksamkeit als erfolgreiche Unternehmensgründung ist natürlich ‹sexy›», sagt Simon May.
Geschäftsübernahme und Unternehmensinfrastruktur
Eine gute Analyse der Unternehmensinfrastruktur schützt vor unerwarteten Kosten und zeigt Möglichkeiten für Anpassungen auf. Von Standort und Gebäude über Maschinen, Möbel, Hardware und Software bis hin zur Kommunikation – bevor Sie eine Firma übernehmen, sollten Sie die bestehende Infrastruktur genau evaluieren, hinterfragen und eventuelle Kosten antizipieren, um das Unternehmen auf den aktuellen Branchenstandard zu bringen.
Optimierte Prozesse, mobile Lösungen und zeitgemässe Modelle der Zusammenarbeit verbessern die Kultur im Unternehmen und die Zufriedenheit der Bestandskunden. Zudem bilden sie die Grundlage, um ein neu übernommenes Unternehmen fit für die Zukunft zu machen und neue Kundensegmente anzusprechen.
Nutzen Sie das nachfolgende Fragenset, um den Zustand der ICT-Infrastruktur in Ihrem zukünftigen Unternehmen einzuschätzen, und klären Sie wichtige Fragen mit dem Eigentümer.