Zeitmanagement-Bücher sind oft voller konkreter Tipps, wie man seine Wochen- und Tagesplanung optimieren kann. Was dabei aber vielfach vergessen geht: Zeitmanagement hängt von der Veranlagung und der Situation ab. Je fremdbestimmter die Agenda ist, desto schwieriger wird es, die Prioritäten richtig und selbstbestimmt zu setzen. Wie Sie es trotzdem schaffen können.
Der Volksmund hat es längst erkannt: Zeit ist ein knappes Gut, das nicht käuflich ist, nicht gespart und gelagert werden kann, sich nicht vermehrt und kontinuierlich zerrinnt. Dennoch scheint es Menschen zu geben, die es schaffen, mehr aus Ihrer Zeit zu machen als andere. Doch worin liegt das Erfolgsgeheimnis dieser Meister im Zeitmanagement? Wie schaffen sie es, Prioritäten richtig zu setzen?
Drei Schritte zum erfolgreichen Zeitmanagement
Beim Zeitmanagement geht es um mehr als um das Führen einer To-do-Liste. Eine gängige Definition stammt von Sabine Pfarr: Zeitmanagement ist die «konsequente und zielorientierte Anwendung bewährter Arbeitstechniken der täglichen Praxis zur Verbesserung der Organisation ausgewählter Lebens- und Arbeitsbereiche.» Diese drei Tipps helfen Ihnen dabei, Ihr Zeitmanagement zu verbessern:
Seien Sie konsequent und zielorientiert
Zeitmanagement kann nur dann die gewünschten Resultate erzielen, wenn Sie sich der Knappheit der Ressource Zeit bewusst sind und die Bereitschaft aufbringen, den Umgang damit selbstkritisch zu analysieren und zu verbessern. Das setzt eine gewisse Disziplin und die Fähigkeit zur Selbstreflektion voraus. Wichtig für Verbesserungen ist, dass Sie sich Rechenschaft über die eigenen Ziele ablegen – wegen der Verbindlichkeit am besten schriftlich.
Verfolgen Sie diese Ziele konsequent mit Meilensteinen und regelmässiger Zielerreichungskontrolle. Allenfalls motiviert Sie ein individuelles Belohnungssystem, wenn Sie die Ziele wie geplant erreicht haben. Gelingt Ihnen dies nur teilweise, ist vor allem die ehrliche und selbstkritische Ursachenalayse und die Ableitung der entsprechenden Erkenntnisse sehr gewinnbringend.
Hinterfragen Sie bewährte Arbeitstechniken in der täglichen Praxis
Viele ihrer täglichen Handlungen reflektieren erwachsene Menschen längst nicht mehr kritisch. Vielleicht machen sie diese schon viel zu lange genau so, sind in der Routine gefangen, hatten früher einmal Erfolg damit oder finden es einfach am bequemsten. Seine eigenen Gewohnheiten hinterfragt man erst kritisch, wenn man mit bewährten Mustern nicht mehr weiterkommt.
Um diese Routine einmal ohne äusseren Anlass zu durchbrechen, ist professionelle Unterstützung durch einen Coach hilfreich. Sehr oft stellt man dabei nämlich fest, dass man vieles intuitiv schon richtig macht, aber mit ein paar gezielten Änderungen das Gesamt¬resultat noch nachhaltig verbessern kann. Auch beim Zeitmanagement gilt das Pareto-Prinzip, dass mit 20 Prozent des Aufwandes 80 Prozent der Ergebnisse erzielt werden. Ein externer Coach kann helfen, diese Regel situationsspezifisch anzuwenden, damit man diesen Erfolgshebeln eine höhere Priorität beimessen kann.
Verändern Sie nach Möglichkeit die Rahmenbedingungen
Selbstverständlich hängen die möglichen Verbesserungen im Zeitmanagement nicht nur von den eigenen Schwächen ab. Das Umfeld, in dem wir arbeiten, bestimmt die Rahmenbedingungen. Je höher der Anteil der fremdbestimmten Zeit ist, desto anspruchsvoller wird unser Zeitmanagement. Auf der anderen Seite sollte dieser Umstand keine Ausrede sein, auf ein Zeitmanagement zu verzichten. Denn in Arbeitssituationen, die von einer hohen Fremdbestimmung geprägt sind, kommt der eigenen Prioritätensetzung eine sehr grosse Bedeutung zu.
Anspruchsvoll ist Zeitmanagement in Berufen, die stark von der Digitalisierung geprägt sind – also in immer mehr Bereichen. Hier bekunden viele Menschen Mühe, zwischen selbst- und fremdbestimmter Zeit zu unterscheiden und ihre Prioritäten entsprechend richtig zu setzen. Das hängt sicher mit der permanenten Erreichbarkeit und der ständigen Verfügbarkeit von Informationen zusammen, die mitunter auch die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben immer fliessender werden lassen.
Prioritäten setzen mit der ABC-Methode
Es gibt verschiedene Methoden, nach denen anstehende Aufgaben eingeordnet und Prioritäten für die Bearbeitung gesetzt werden können. Sie helfen dabei, aus einer Aufgabenliste eine Prioritätenliste zu erstellen, die konkrete Hilfestellungen zur Abarbeitung von Tasks gibt. Da im Zeitverlauf immer wieder neue Aufgaben hinzu¬kommen, ist es wichtig, Prioritäten immer wieder – am besten täglich – zu überprüfen und allen¬falls anzupassen. Dabei ist es hilfreich, wenn man die übergeordneten Ziele schriftlich festgehalten hat und als Gradmesser einsetzen kann.
Als bewährte Methoden der Prioritätensetzung im Zeitmanagement gilt nach wie vor die ABC-Analyse. Damit können die anstehenden Aufgaben drei Prioritätsstufen zugeordnet und danach von A nach C abgearbeitet werden. Die nachfolgende Box beschreibt für jede Aufgabenart die betreffenden Prioritätskriterien und Eigenschaften. Sie gibt auch Hinweise zur Art der Bearbeitung.
Vorgehen bei der ABC-Analyse
- Auflistung aller für den betreffenden Zeitraum anstehenden Aufgaben
- Ordnen der Aufgaben nach deren Wichtigkeit
- Bewertung der Aufgaben nach dem ABC-Raster (A=15%, B=20%, C=65%)
- Überprüfen, ob das eingesetzte Zeitbudget der Bedeutung der Aufgaben entspricht
- Korrekturen vornehmen:
- Konzentration auf A-Aufgaben
- B- und C-Aufgaben auf Delegationsmöglichkeit überprüfen
- C-Aufgaben sind nicht entbehrlich, sollten aber möglichst effizient erledigt werden
Entscheidungskriterien für A-Aufgaben: Die Erfüllung einer A-Aufgabe…
- trägt massgeblich zur Erreichung der Hauptziele bei
- führt zur leichteren Erledigung weiterer Aufgaben
- bringt kurz- oder langfristig insgesamt den grössten Nutzen
- kann bei Nichterfüllung zu negativen Konsequenzen führen
Die beiden Autoren sind der Meinung, dass man gerade in einer Zeit der permanenten Erreichbarkeit und der nachhaltigen Zunahme fremdbestimmter Aktivitäten im Zeitmanagement eigene Prioritäten setzen darf. Und aus purem Selbstschutz auch setzen muss, wenn man die Autorität über die eigene Agenda nicht vollständig aufgeben will.
Autoren:
Patrik Scherler, Dr. oec. HSG, ist Dozent für Betriebswirtschaftslehre an der School of Management and Law (ZHAW) in Winterthur und Inhaber der auf Coaching, Consulting und Connecting spezialisierten BENROX AG mit Sitz in Meilen/Zürich. Er ist Betreuer diverser Unternehmerforen, ERFA-Gruppen und Beiräte und organisiert Strategie- und Positionierungsworkshops.
Flavio Di Giusto, dipl. Betriebsökonom FH und MSc in Business Administration ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für innovative Didaktik (ZiD) an der School of Management and Law (ZHAW) in Winterthur und Mitautor des Buches «Irrtum Zeitmanagement».
Verwendete Quellen und weiterführende Literatur:
Pfarr, Sabine: https://www.math.uni-bremen.de/zetem/cms/media.php/250/Vortrag_Krakau_Sabine.pdf, 2008
Scherler, P., Di Giusto, F. u.a.: (2014). Irrtum Zeitmanagement? Vom Versuch, in einem stark fremdbestimmten Umfeld nachhaltig mit der Ressource Zeit umzugehen. Zürich: Versus Verlag.
Bild: Strandperle