Low-Code-Anwendungen vereinfachen und digitalisieren Geschäftsprozesse. Dazu nutzen diese Anwendungen nicht nur bestehende Daten, sondern setzen auch auf künstliche Intelligenz. Zwei Power-Platform-Beispiele aus der Praxis.
Am Anfang stand ein Problem: Wenn Cablex Mitarbeitende neue Arbeitskleidung bestellen wollten, mussten sie die einzelnen Kleidungsstücke aus mehreren PDF-Formularen auswählen. Ein mühsamer Prozess mit viel Spielraum für Fehler – falsche Grössen, veraltete Formulare und Medienbrüche. Das brachte Michael Stucki, Business Analyst bei Cablex, auf eine Idee: Wie wäre es mit einer Bestell-App, um den Prozess zu vereinfachen und durchgängig zu digitalisieren?
Langwierige administrative Prozesse beschäftigten auch Yoann Pernet, Solution Architect bei Cablex. Denn die Cablex Monteure mussten erheblich Zeit in die Qualitätskontrolle der Kabelinstallationen investieren. Und Fehler liessen sich erst im Nachhinein feststellen, weshalb die Fachleute zur Behebung nochmals ausrücken mussten. Das kostete zusätzlich Zeit, die für andere Arbeiten fehlte.
Von der Idee zur Power App
Wenn die Installateure ohnehin mit einem iPad ausgerüstet sind, würde doch eine App die Qualitätskontrolle erleichtern, so die Überlegung von Yoann Pernet. Und er setzte sich zuerst in seiner Freizeit daran, eine solche App mit Microsofts Power Platform zu entwickeln. «Ich war Programmierer, UX-Designer und Datenarchitekt in einem», blickt Yoann Pernet zurück.
Auch Michael Stuckis App vereinfacht die Arbeit des Aussendiensts. Die App automatisiert nicht nur den Bestellvorgang für Arbeitskleidung inklusive nötiger Freigaben, sondern reduziert auch Retouren. Die Mitarbeitenden können über die App die Kleider bewerten und kommentieren – wie in einem typischen Online-Shop. «Dieses Feedback hilft Einkauf und Logistik, die Kleiderbeschaffung besser auf die Bedürfnisse abzustimmen», beschreibt Michael Stucki den Nutzen.
Akzeptanz benötigt Umdenken
Die beiden Power Apps vereinfachen Abläufe und sparen dadurch Zeit. Im Falle der Kabelinstallateure eine gute halbe Stunde – und deutlich mehr, wenn Fehler nach Abschluss der Arbeiten direkt behoben werden können. Doch es zeigte sich, dass die Apps nicht automatisch auf Akzeptanz stossen, wenn vertraute Abläufe verändert werden. «Die ersten Reaktionen waren gemischt», erinnert sich Michael Stucki. Er musste zuerst Überzeugungsarbeit leisten – gewissermassen ein kulturelles Change-Management. Damit konnte er aber die nötige Akzeptanz schaffen, so dass die App heute im gesamten Unternehmen genutzt wird.
Auch Yoann Pernet traf auf eine gewisse Skepsis, bevor seine App zu einem offiziellen Projekt wurde. «Ich habe ein Dashboard entwickelt mit Power BI, darüber erhält das Management immer aktuelle Auswertungen. Das hat den Verantwortlichen einen Mehrwert gebracht und sie überzeugt», erinnert sich Yoann Pernet schmunzelnd.
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Um die Nutzer, die Installateure, einzubeziehen setzte Yoann Pernet auf eine enge Zusammenarbeit. Er entschloss sich für ein agiles Vorgehen und holte regelmässig Feedback ein. Aufgrund dieser Rückmeldungen entwickelte er die App weiter und ergänzte sie um neue Funktionen, die auch wirklich einen Nutzen brachten.
«Mit der Zeit haben die Nutzer gemerkt, dass ihr Feedback unmittelbar in die App einfliesst», sagt Yoann Pernet. «So konnte ich Vertrauen aufbauen und die Vorbehalte abbauen.» Mit Erfolg: Anfangs setzte nur ein Team die App als Pilot ein. Mittlerweile wird sie breit genutzt. Yoann Pernets Feedbackkultur legte den Grundstein für das Vertrauen und die Akzeptanz der App. Mit dem Effekt, dass Qualitätskontrollen heute effizienter ablaufen und der Zeitgewinn deutlich angestiegen ist.
Künstliche Intelligenz findet Fehler
Yoann Pernet wird seine App an ein anderes Team übergeben, um sich neuen Low-Code-Anwendungen zu widmen. Doch Mitarbeitende mit Eigeninitiative sind notwendig für solche Vorhaben, sind Yoann Pernet und Michael Stucki überzeugt. «Es braucht die Early Adopters, die gerne solche Projekte umsetzen», sagt dazu Yoann Pernet. «Die Power Platform zeigt, dass IT nicht kompliziert sein muss und auch Nicht-Profis Ideen umsetzen können.» Damit es gelingt, müssen aber die Rahmenbedingungen für diese «Citizen Developer» stimmen. Das heisst, dass sie Arbeitszeit für ihre Projekte investieren und bei Bedarf auf professionelle Begleitung zurückgreifen können.
Wie weit ein solches Engagement führen kann, erfuhr Yoann Pernet anlässlich einer Präsentation seiner App. Dort kam der Vorschlag auf, diese um eine Bilderkennung mittels künstlicher Intelligenz zu erweitern. Installationsfehler würden sich so aufgrund der Fotos vor Ort sofort erkennen und beheben lassen, ohne dass die Fachleute ein zweites Mal ausrücken müssten.
Yoann Pernet erhielt zwei Monate Zeit, um die Cloud-Lösung zur Bildanalyse an die Power Platform anzubinden. Mittels Konnektoren kann die Power Platform auf die Schnittstellen von anderen (Cloud-)Applikationen zugreifen. «Ich habe innert sechs Wochen einen Prototypen des Konnektors entwickelt», sagt Yoann Pernet. Und damit aufgezeigt, dass Low Code durchaus «High Power» bedeuten kann.
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