KMU brauchen ein Employer Branding, um für aktuelle und kommende Mitarbeitende attraktiv zu sein. So können sie auch den Fachkräftemangel mildern. Was das bedeutet und wie das mit modernen Arbeitsformen zusammenhängt, erläutert Unternehmensberaterin Simone Bonilla im Interview.
Der Fachkräftemangel schlägt quer durch alle Branchen durch. Gesucht sind alle, vom Lastwagenchauffeur bis zur Informatikspezialistin. Doch wie können KMU damit umgehen und im ausgetrockneten Arbeitsmarkt trotzdem erfolgreich sein? Das ist einer der zentralen Aspekte in der Arbeit von Simone Bonilla.
Zur Person
Simone Bonilla ist Partnerin bei der St. Galler Unternehmensberatung HSP Consulting AG. Sie berät KMU in Marketing- und Kommunikationsthemen und bei der Entwicklung einer Markenidentität. Zu den Schwerpunkten ihrer Arbeit gehört der Aufbau von Employer Brandings.
Simone Bonilla, wie pflegen KMU ihre Beziehungen mit Mitarbeitenden?
Im Arbeitsumfeld der KMU ist es genau gleich wie im Privaten. Die Kommunikation ist ausschlaggebend, dass die Beziehung funktioniert und Nähe entsteht. Mit der internen Kommunikation können KMU das Commitment fördern, also die Zusammengehörigkeit und das Miteinander. Wie Firmen das angehen, ist eine Frage der Führung und der Organisation.
Wie haben sich die Beziehungen während der Pandemie verändert?
Gerade in Krisensituationen ist eine regelmässige Kommunikation unglaublich wichtig. Die Mitarbeitenden müssen wissen, was läuft und was sich ändert. Da reicht es nicht, einmal im Quartal zu informieren. Lieber häufiger und häppchenweise.
Zudem kämpfen alle mit den vielen Kommunikationskanälen, die die Digitalisierung mitgebracht hat. Das führt dazu, dass gewisse Informationen übersehen und nicht gelesen werden. Hier hilft es, klar zu definieren, welche Information auf welchem Kanal erfolgt, zum Beispiel ein separater Teams-Kanal für Informationen aus der Geschäftsleitung.
Verändert hat sich auch die Rolle des Arbeitsplatzes mit den flexiblen, hybriden Arbeitsformen. Er ist nicht mehr einfach zum Arbeiten da, sondern ein Ort der Begegnung. KMU müssen sich auch überlegen, ob sie an der Infrastruktur etwas ändern müssen. Denn wichtig ist eine Umgebung, in der sich die Mitarbeitenden wohl fühlen. Braucht es hierzu eine andere Raumnutzung? Soll das Büro mehr als Begegnungsraum dienen? KMU müssen hier Prioritäten setzen, auch aufgrund der finanziellen Möglichkeiten: Wie können wir uns attraktiver machen, gegen innen und gegen aussen? Das ist das oberste Ziel.
Es heisst oft, KMU müssen attraktiv sein, um trotz Fachkräftemangel gute Mitarbeitende zu finden und zu halten. Wie schätzen Sie das ein?
Auf jeden Fall muss ein KMU attraktiv sein. Als erstes muss ein KMU wissen, wer es ist und wofür es steht, und die «Wir-Sicht» verlassen – sich also in die Sichtweise der bestehenden und potenziellen Mitarbeitenden versetzen. Viele Arbeitgeber sehen nur ihre Unternehmensmarke, den Corporate Brand. Ihnen ist nicht bewusst, welchen Stellenwert eine Arbeitgebermarke hat, der Employer Brand, also das Image als Arbeitgeber. Mit unserer Beratung wollen wir den Employer Brand mit internen und externen Massnahmen positiv beeinflussen, und zwar für die bestehenden wie für die potenziellen Mitarbeitenden. Das ist die Basis. Auf dieser Grundlage kann sich ein KMU überlegen, wie es die Kunden gewichtet, und wie die Mitarbeitenden. In dem Moment haben viele Unternehmen ihr Aha-Erlebnis, wenn sie sehen, wie einseitig viel sie in die Kunden investieren. Dabei wären die Mitarbeitenden der Erfolgsfaktor Nummer Eins.
Die mangelnde Pflege des Employer Brands führt zu einer Kettenreaktion: Wenn die Fachleute fehlen, steigt die Belastung auf die bestehenden Mitarbeitenden. Deren Commitment ist zwar da, aber irgendwann wird es auch diesen zu viel. Damit kämpfen viele Firmen. Aber wenn sie keine neuen Leute finden, können KMU auch nicht wachsen.
Wie können KMU mit Employer Branding dem Fachkräftemangel begegnen?
Wenn KMU ein Employer-Branding-Projekt angehen, sehen sie es oft nicht als Investition in die mittelfristige Zukunft, sondern als HR- oder Marketingmassnahme. Hier braucht es eine differenzierte Sichtweise. Wenn KMU die gesamten Personalkosten berücksichtigen, können sie mit Employer Branding die Fluktuationsrate senken und das Commitment stärken. Es ist aber unglaublich wichtig, dass die Geschäftsleitung zu 200 Prozent hinter dem Employer Branding steht. Sonst kommt es nicht zum Fliegen.
Wenn sich KMU auf ihre Werte fokussieren und sich klar werden, wofür sie stehen mit ihrer Unternehmens- und Arbeitgebermarke, können sie sich auch differenzieren und damit auffallen auf dem Arbeitsmarkt. Firmen müssen ihre Ansprechsgruppe und deren Kanäle kennen. Dort muss sich ein KMU positionieren, und zwar authentisch und mit dem, wofür es steht. Nur so findet ein Unternehmen auch die Leute, die zu einem passen. Es geht nicht darum, die besten Mitarbeitenden zu finden. Sondern die, die am besten passen, zum Beispiel von den Werten und der Haltung her.
Hybride Arbeitsformen – also Büro und Homeoffice – erlauben es auch, die Arbeitszeit flexibler einzuteilen. Das Stichwort lautet hier Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Macht das einen Arbeitsplatz wirklich attraktiver?
Ja klar. Gerade die jüngere Zielgruppe fordert solche Arbeitsformen, da kommen Arbeitgeber gar nicht mehr drum rum. Ein Arbeitgeber ist automatisch attraktiver, wenn er hybride oder flexible Arbeitsmodelle anbietet. Das ist ein Führungsthema. Während der Corona-Pandemie hat schon ein Umdenken stattgefunden in der Unternehmensführung. Plötzlich standen Fragen im Raum wie: Wie gut sind wir darin, den Mitarbeitenden Vertrauen zu schenken? Funktionieren Homeoffice und hybrides Arbeiten? Und was bedeutet das für mich als Führungsperson? Benötige ich andere Führungsinstrumente, damit ich meine Mitarbeitenden richtig führen kann unter diesen Bedingungen? Die Arbeitgebermarke hat viel mit dem Thema Führung zu tun.
Gerade in Produktionsbetrieben ist es eine Herausforderung, das sensible Thema der Chancengleichheit – zwischen Bürojobs und den produzierenden Stellen – zu wahren und ein Verständnis untereinander zu schaffen. Auch hier ist die Kommunikation signifikant erfolgsrelevant.
Eine Umfrage von Microsoft hat ergeben, dass die Mitarbeitenden flexibel arbeiten möchten, aber die Chefs ihre Leute lieber im Büro haben, weil sie dann die Kontrolle haben. Wie erleben Sie das im Kontakt mit KMU?
Eigentlich widerspricht sich das ja, aber das ist auch meine Erfahrung. Der Mensch funktioniert so, er ist gerne in seiner Komfortzone. Die flexible Arbeitswelt bringt Unbekanntes mit und wir alle müssen uns verändern. Und Menschen haben grundsätzlich nicht gerne Veränderungen. Aber KMU kommen nicht um Veränderungen herum, sie müssen agil und dynamisch bleiben. Denn das zeichnet erfolgreiche Unternehmen aus: Sie können sich an verschiedene Situationen anpassen.
Viele sind an einem Punkt angekommen, wo sie sich adaptieren müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Während der Pandemie wurden viele KMU digitaler. Dort hat sich gezeigt, dass es funktioniert. Und heute sind sie froh drum.
So machen Sie mehr aus Ihren Online-Meetings
Online-Meetings sind anstrengender als Sitzungen vor Ort. Insbesondere wenn sie sich aneinanderreihen, schlecht strukturiert oder langweilig sind. Dann entsteht Zoom-Fatigue: Die Teilnehmer sind abgelenkt, arbeiten an etwas anderem und hören nur noch mit einem Ohr zu. Doch schon wenige Kniffs schaffen Abhilfe.