Philipp Kristian: Vertrauen aufbauen in einer digitalen Welt
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Vertrauen ist der Kern des Fortschritts

Anstatt uns vor künstlicher Intelligenz und Innovationen zu fürchten, sollten wir ihnen zumindest eine Chance geben und bewusst vertrauen. An den Swisscom Business Days 2023 stellte Experte Philipp Kristian acht Strategien vor, um Misstrauen abzubauen und eine nachhaltige Vertrauenskultur zu etablieren.

«Wir sind im Park und da gibt es dieses Eichhörnchen, dem wir geduldig unsere Hand mit ein paar Nüssen entgegenstrecken. Es zögert, kommt dann näher und verschwindet plötzlich wieder. Wir fragen uns warum, wir wollten ihm doch nichts Böses.» Vertrauensexperte Philipp Kristian mag Tiere. Und er denkt in Bildern. Immer wieder verleiht er seinen Theorien mit Metaphern und Vergleichen Klarheit. Zu Beginn seiner Keynote an den Swisscom Business Days 2023 ist es ein Eichhörnchen.

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Und die Moral von der Geschichte? «Es ist wunderbar, wenn wir vertrauenswürdig sind. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass sich das Eichhörnchen bei uns auf die Hand setzt. Das wäre Vertrauen», so Philipp Kristian. Um erfolgreich in die Zukunft zu gehen, brauche es beides, vertrauenswürdig sein und Vertrauen haben, so der Experte. Und geht noch einen Schritt weiter: «Erst Vertrauen befähigt uns auch zum Handeln. Aus dem Handeln ergeben sich Innovation und Fortschritt.»

Vertrauenssprünge

Die Menschen blicken auf unzählige Meilensteine zurück, Vertrauenssprünge, wie Philipp Kristian sie nennt. Bis diese Vertrauenssprünge von der Theorie in die Praxis übersetzt werden, braucht es manchmal etwas Anschub. Etwa wenn aktuelle Muster nicht mehr funktionieren, die Konkurrenz uns überholt oder uns die Zeit davonläuft und der Status Quo unsere Existenz bedroht.

Beispiele dafür gibt es viele: Auf das Nomadenleben folgten Siedlungsbau und Landwirtschaft, auf die Kutsche das Motorfahrzeug, Regionalismus vollzog dank innovativer neuer Technologien die Transformation hin zur Globalisierung. «Der prägendste Vertrauenssprung der letzten Jahrzehnte war von den klassischen Konzernen hin zu digitalen Plattformen. Sie ermöglichten uns, dank digitaler Vertrauensintermediäre, zu Menschen überall auf der Welt Vertrauen herzustellen und Geschäfte miteinander zu machen. Wir nennen das auch die Trust Economy.»

Was diese Vertrauenssprünge stets gemein haben, sind fliessende Übergänge: Wir leben gleichzeitig in den Strukturen der Vergangenheit und denen der Zukunft. Aktuell stehen die Menschen mit einem Bein in der Offline- und einem Bein in der Online-Welt, sie schwanken zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz hin und her. «Damit das möglichst reibungslos verläuft, gilt es, Brücken zu bauen – und dabei weiterhin all das aus der Offline-Welt aufrechtzuerhalten, was auch im digitalen Zeitalter sinnvoll ist», so Philipp Kristian.

«Vertrauen ist der Kern des Fortschritts.»

Philipp Kristian

Aktion statt Reaktion

Wir leben sowohl in der alten als auch in der neuen, digitalen Welt und sind dem Konflikt, diese beiden Welten in Balance zu halten, täglich ausgesetzt. «Menschen vertrauen von Natur aus gerne. Besonders die digitale Welt macht uns das auch einfach, weil sie das Leben in vielen Bereichen erleichtert», so Philipp Kristian. Die Offline-Welt hingegen sei komplexer, Veränderung nicht so leicht umzusetzen. Das Problem: Diese Komplexität, die sich daraus ergibt, Off- und Online miteinander zu verbinden, schürt Misstrauen und bremst Innovation aus. Warum? Weil sie uns passiv und reaktiv macht. «Wir müssen agieren statt reagieren, das Neue einfach mal in Angriff nehmen.» Für Unternehmen bedeutet das, den eigenen Mitarbeitenden zu vertrauen und so eine Basis für Aktion anstatt nur für Reaktion zu schaffen.

Die Keynote von Philipp Kristian an den Swisscom Business Days 2023: The Power of Trust in a Digital World

Aber wie genau können sie Vertrauen aufbauen und sich für die Zukunft öffnen?

Acht Strategien, um Vertrauen aufzubauen

  1. Administrative Abläufe entschlacken: Mit Hilfe von Daten und digitaler Infrastruktur administrative repetitive Aktivitäten, die negativ auffallen, entfernen.
  2. Ziel fokussieren: Den Prozess nicht an der Theorie, sondern am praktischen Resultat respektive am Ziel ausrichten und so die Lücke zwischen Theorie und Praxis verringern.
  3. Sukzessiver Aufbau: Mit «Vertrauen auf Vorschuss» Erfahrungen sammeln. Nicht gleich alles auf einmal erreichen wollen, sondern sich schrittweise herantasten. Bei Erfolg immer weiter steigern. Wenn anfänglich etwas schiefgeht, ist das kein Problem, sondern vielmehr ein Lerneffekt.
  4. Generationen verbinden: Vertrauensmodelle zwischen Generationen und Funktionen harmonisieren und einen gemeinsamen Nenner finden, der für alle relevant ist. Das vereint uns, wie es seit Urzeiten das gemeinsame Geschichtenerzählen am Lagerfeuer tut.
  5. Aktion statt Reaktion: Ressourcen für Initiativen der Mitarbeitenden ohne viel Bürokratie bereitstellen, wie beispielsweise Brainstorming-Workshops oder das Ausprobieren neuer Technik-Tools. Alles, was proaktiv und im Interesse der Gemeinschaft ist, fördert die Aktivität.
  6. «Wir» statt «ich»: Vertrauen ist immer eine Teamfrage. Wenn wir Talente einzeln entwickeln, wird daraus schnell interner Wettbewerb.
  7. Vertrauensbalance: Klassisch wird unter Vertrauen fälschlicherweise nur Vertrauenswürdigkeit verstanden. Es gilt, die Balance und den Gleichschritt von Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit zu erreichen, also Vertrauenswürdigkeit (die Intention) und Vertrauen (die Handlung) in Einklang zu bringen.
  8. Intuition honorieren: Das innere Wissen und die individuellen Talente der Mitarbeitenden als Quelle der Wertschöpfung, Innovation und Zukunftsausrichtung schätzen. Hierfür aufmerksam sein und Entwicklungsspielraum geben.

«Wenn Vertrauen unmöglich scheint, wird Misstrauen zu einer Schutzfunktion der Gesellschaft», so Philipp Kristian. «Vertrauen ermöglicht uns das Aufbrechen dieser Schutzfunktion, um Brücken zu bauen, die durch Austausch und kollaboratives Wirken Neues erschaffen.» Wird Misstrauen ab- und Vertrauen aufgebaut, entsteht ein solides Fundament und wir bleiben als Unternehmen sowie als Menschheit auf sicherem Kurs.

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Philipp Kristian engagiert sich für mehr Vertrauen und Humanität in unserer digitalen Zukunft. Der Autor von «The Trust Economy» und «RESET» gilt international als Vertrauensexperte der digitalen Generation. Als Gastprofessor bringt er diese Perspektiven in Führungsprogramme an internationalen Topuniversitäten ein.

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