Matthias Hirschmann, Cloud Solution Architect und FinOps-Spezialist bei Swisscom
6 min

«FinOps ermöglicht es fast immer, Cloud-Kostenoptimierungen zu realisieren»

Mit wachsender Nutzung verschiedener Cloud-Services kann die Übersicht über das Kostenmanagement verloren gehen. Das FinOps-Framework hilft Unternehmen, die Cloud-Ausgaben wieder in den Griff zu bekommen. Matthias Hirschmann, Cloud Solution Architect und FinOps-Spezialist bei Swisscom, erklärt im Interview, wie FinOps funktioniert, wie man das Framework anwendet und wie viel Kosten Sie damit einsparen können.  

Was zeichnet das Cloud-Kostenmanagement mit FinOps aus?  

Matthias Hirschmann: Das Ziel von FinOps ist es, die Flexibilität der Clouds an den Anforderungen des Business auszurichten. Dazu gehört neben der effizienten Nutzung auch die Kontrolle und Zuordnung der Ausgaben. Wir führen bei Kunden den Finanzbereich (Fin) mit der bestehenden DevOps-Welt (Ops) zusammen.  Zertifizierte FinOps-Experten analysieren die aktuelle Lage und finden gemeinsam mit den Teams aus IT, Business und Finance vorhandenes Optimierungspotenzial.   

Man sucht also verstecktes Potenzial zur Kostenoptimierung? 

Die Steigerung der Cloud-Kosteneffizienz ist eines der Hauptziele von FinOps. Aber nicht nur. Ziele können auch die Förderung eines kulturellen Wandels hin zu einer effizienteren Cloud-Nutzung sein, eine teamübergreifende Zusammenarbeit oder die fachliche Weiterentwicklung betreffend Cloud.  

Es gibt also nicht nur die eine Vorgehensweise, um FinOps zu realisieren? 

Nein, da gibt es unterschiedliche Herangehensweisen, und ein derartiges Framework kann für Unternehmen mittlerer Grösse auch zu viel des Guten sein. Das FinOps-Framework der FinOps Foundation besteht aus insgesamt 18 Disziplinen, die wir abhängig von den Kundenanforderungen priorisieren. Unserer Erfahrung nach erreichen wir mit der Anwendung der 5–8 wichtigsten Disziplinen bereits eine nachhaltige Kosteneinsparung.

Wozu braucht es dieses Framework? Lassen sich dieselben Einsparungen für die Cloud-Nutzung nicht auch ohne FinOps machen? 

Das ist langfristig nicht möglich. Der Grund dafür liegt in der komplexen, dezentralen Cloud-Infrastruktur von grösseren Unternehmen, insbesondere solcher, die in einer agilen Entwicklungswelt mit DevOps arbeiten. Während früher eine lokale IT alle 3 bis 5 Jahre erneuert wurde und sowohl der Bedarf als auch die anfallenden Kosten bekannt und damit planbar waren, verlangen innovative und skalierbare Services mit verbrauchsabhängigen Kosten (OPEX) ein engeres Tracking. Über die Services hinaus sind die Anbieter manchmal beim Thema Lizenzen ebenso innovativ. Ändern sich die Spieregeln, kann darauf reagiert werden.

Matthias Hirschmann, Cloud- und FinOps-Spezialist bei Swisscom
Matthias Hirschmann: «Die Steigerung der Cloud-Kosteneffizienz ist eines der Hauptziele von FinOps.»

Wie kommt diese Intransparenz zustande? 

Mit dem Wechsel von der traditionellen Methode zu Business-orientiertem Einkauf und Entwicklung wurde die Beschaffung dezentraler. In der Cloud können IT-Techniker, Software-Architekten oder Mitarbeitende aus dem Business mal eben eine virtuelle Maschine in der Cloud beziehen, eine Datenbank einrichten oder einen Server für eine bestimmte Aufgabe mieten. Im Idealfall werden die implementierten Services dann auch genutzt. Abrechnungsmethoden, Lizenzen und SLAs treten dann aber oftmals in den Hintergrund. So entstünde bei Nicht-Anwendung von FinOps-Prinzipien über Jahre hinweg ein .

Hier kommt FinOps ins Spiel.  

Genau. Um die gewachsenen Strukturen zu analysieren, bedarf es sowohl Fachwissen als auch die Zusammenarbeit mit allen Unternehmensbereichen. Grundsätzlich stellen die Public-Cloud-Anbieter sowohl Dashboards als auch sekundengenaue Abrechnungsinformationen zur Verfügung. Diese Menge an Datensätzen zu analysieren und daraus Empfehlungen abzuleiten bedarf ein sehr spezifisches Know-how. Erkanntes Optimierungspotenzial bildet dann die Grundlage, um den Ist-Zustand mit den Anforderungen des Business zu vereinbaren. Vielleicht entsprechen die Empfehlungen beispielsweise nicht den unterstützten Szenarien von SAP. Vielleicht ist das Sizing korrekt, wird aber nur zum Jahresabschluss benötigt und kann mit diesem Bewusstsein nun angepasst werden.

Wo steckt üblicherweise das grösste Optimierungspotenzial? 

Gern werden maximal flexible Abrechnungsmethoden (‘pay as you go’) gewählt, wobei es am Ende des Tages, oder besser am Ende des Systemlebenszyklus, diese Flexibilität gar nicht gebraucht hätte. Teuer bezahlt wurde sie dagegen trotzdem. Am Beispiel VM hat man rückblickend dann bis zu 70 Prozent zu viel ausgegeben. Ein Strategieabgleich ermöglicht hier grosse Einsparpotentiale, was zusätzliches Kapital beispielsweise für Innovationsprojekte freimacht.

Sie haben schon mehrere FinOps-Projekte begleitet. Wie gross ist das Einsparpotenzial üblicherweise? 

Kostenoptimierungen lassen sich in jedem Unternehmen ausmachen. Die Spannweite der erzielbaren Kosteneinsparungen liegt initial schnell bei 30 Prozent der Gesamt-Subskriptionskosten. Dieses sehr grosse Sparpotenzial überrascht viele unserer Kunden und ist Motivation genug, die Reise gemeinsam anzutreten.

Nach einer FinOps-Kostenoptimierung müsste das gesamte Cloud-Management transparent und kosteneffizient sein. Weshalb braucht es danach weiterhin ein Monitoring? 

Die  sich laufend verändernde Cloud-Infrastruktur und die neuen Angebote, Services und Rabattmöglichkeiten der Anbieter bedingen, dass sich Unternehmen ständig mit der eigenen Cloud-Nutzung beschäftigen. Dazu kommen Unternehmenswachstum, Migrationen oder Umstrukturierungen, die allesamt einen Einfluss auf die Cloud-Nutzung haben. Um einen erneuten Wildwuchs zu verhindern, ist ein steter Kreislauf aus Informieren, Optimieren und Etablieren notwendig.  

Benötigt das Unternehmen dazu weiterhin externe FinOps-Spezialisten, oder können Fähigkeiten auch intern aufgebaut werden? 

Beides ist möglich, das Spektrum der Zusammenarbeit ist gross. Wir leisten mit unserer ersten FinOps-Analyse Soforthilfe. Diese Einsparungen machen in der Regel im Unternehmen finanzielle Mittel frei, um FinOps längerfristig zu implementieren. Das Ziel der weiteren FinOps-Zusammenarbeit kann darin bestehen, das erforderliche Wissen ins Unternehmen zu tragen. Anfangs mit einzelnen Mitarbeitenden, die die Brücke zur internen IT darstellen und je nach Grösse später selbst ein eigenes eigenen FinOps-Team stellen können. Das FinOps-Framework kann natürlich auch komplett von Swisscom als managed Service bezogen werden. Wir analysieren, optimieren und überwachen dann die gesamte Cloud-Nutzung permanent und in regelmässigen Zyklen.  

Mit FinOps die Cloud-Kosten optimieren

Hat Ihr Unternehmen die Kosten für die Public Cloud im Griff? Schaffen Sie zusammen mit Swisscom Transparenz. Mit FinOps analysieren wir Ihr aktuelles Cloud-Management bezüglich Technologie, Business und Finanzen. In vielen realisierten Projekten erzielten wir Cloud-Kosteneinsparungen von rund 30 %.

Wie gelingt die langfristige Anwendung von FinOps im Unternehmen? 

Die Offenheit, bestehende Strukturen zu hinterfragen, sehe ich als ein Muss. Damit verbunden ist auch, dass dieser Kulturwandel Rückenwind aus dem Management haben muss. Es müssen Anreize geschaffen werden, um den Austausch der Teams über das gesamte Unternehmen zu fördern, um so entsprechendes Optimierungspotenzial zu erkennen und dieses auch auszuschöpfen. Da dies neben dem Daily Business gemacht werden muss, braucht es viel Engagement von den internen Ambassadoren. Unser Auftrag ist es, diese mit der nötigen Expertise auszustatten und auf dem Laufenden zu halten.

Geschieht dies auch mit der Unterstützung von Swisscom? 

Durchaus. Wir haben viel Erfahrung darin, unterschiedliche Silos im Unternehmen zu vereinen und den Akteuren mit ihren verschiedenen Perspektiven die Dringlichkeit der Cloud-Optimierung bewusst zu machen. Unsere Teams sind schweizweit präsent. Neben der sprachlichen Flexibilität sehe ich auch die physische Nähe zu unseren Kunden als Pluspunkt. Wenn es gelingt, ein gemeinsames Verständnis über die Nutzung der Cloud aufzubauen, bestehende Ressourcen immer aufs Neue zu hinterfragen und entdeckte Optimierungsmöglichkeiten auch umzusetzen, können längerfristig Kostenoptimierungen gemacht werden.

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