Nehmen Sie sich täglich eine ruhige Arbeitszeit, wo nichts ablenkt. Der Lohn: mehr Effizienz, mehr Kreativität – und bessere Ergebnisse. Bleibt die Frage: Wie schafft man sich diese Zeitinseln?
In unserer hektischen Zeit ist es essentiell, sich zwischendurch etwas Musse zu gönnen. Bei vielen Menschen ist das Berufliche und das Private so reich an Reizen, Terminen und Pflichten, dass es fast unmöglich scheint, auch nur ein paar Minuten zu entspannen. Das Schöne am gelegentlichen Nichtstun ist, dass der Kopf lernt, «frei zu haben».
Genau wie der Körper auch, bracht unser Kopf gelegentliche Pausen zum Abschalten (Carlson, 1998, 67ff). Dieser Artikel soll aufzeigen, dass die «stille Stunde» die Funktion von gesperrter Arbeitszeit übernimmt und so die Effizienz fördert. Daneben kann die «stille Stunde» auch als Arbeitsunterbruch eine Pause sein, in der man den Kopf von erledigten Aufgaben freimacht. Oft braucht es nur einige einfache Umstellungen, damit die «stille Stunde» in ihren Funktionen in den Alltag integriert werden kann.
Pause in der Erreichbarkeit
Es ist nicht einfach, solche «stille Stunden» in den Tag einzuplanen, und es bedarf einiger Übung und vor allem viel Selbstdisziplin, um sich an diese Zeiten zu halten. Im Beruf heisst es, dass in den «stillen Stunden» die eigene Erreichbarkeit für Vorgesetzte, Mitarbeitende, Kolleginnen und Kollegen, Kunden, Lieferanten oder Familienmitglieder nur noch in absoluten Notfällen gewährleistet sein soll.
Dies erreicht man am besten, indem man diese «stille Stunden» fix in den Terminplan (zum Beispiel im Outlook) einträgt und sein direktes Arbeitsumfeld informiert, dass man in dieser Zeitspanne nicht gestört werden möchte.
Arbeitet man in einem Einzelbüro, so ist es ratsam, die Türe zu schliessen; in einem Grossraumbüro kann man sich beispielsweise mit Kopfhörern und entsprechender Musik von der Aussenwelt abschotten und so Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzten ein «bitte nicht stören»-Signal senden.
Reihenweise Vorteile
Wichtig ist, dass mögliche Störungen durch Telefon und E-Mail ebenfalls ausgeblendet werden. Das Telefon kann nach Möglichkeit auf einen Kollegen umgestellt und das E-Mailprogramm sollte geschlossen werden, so dass die Ablenkung gleich Null ist. Diese stille Stunde muss nicht zwingend eine Stunde dauern, sondern richtet sich nach der Zeit, die eine Aufgabe beansprucht. Wichtig ist, dass sie im Kalender realistisch eingetragen wird und dass man sich an diese Zeitspanne hält.
Mit den «stillen Stunden» schafft man sich Zeitinseln, in denen man sich dem Erledigen von bestimmten, teilweise auch sehr kopflastigen Aufgaben widmen kann. Daneben bergen die stillen Stunden folgende Vorteile (Persolog, 2004, 22f):
- Zeit, um wichtige und dringende Aufgaben zu erledigen;
- Zeit, sich kreativ zu betätigen und um die Gedanken frei fliessen zu lassen;
- Chance, den Zeitdruck zu minimieren;
- Ausgeglichenheit während des restlichen Tages, weil die wichtigen Aufgaben schon erledigt sind;
- Steigerung der Arbeitsproduktivität und -effektivität;
- die Qualität der Arbeit steigt an;
- die Lebensqualität steigt an, da sich der Stress aufgrund der erledigten Aufgaben reduziert.
Um die stille Stunde zur konzentrierten Bearbeitung von Aufgaben zu nutzen, empfiehlt es sich, allfällige «Störenfriede» freundlich und bestimmt zu informieren, dass man momentan keine Zeit hat und danach auf das Anliegen zurückkommt.
Zu Beginn braucht das viel Disziplin und eine gewisse Gewöhnungsphase für das Umfeld. In dieser Zeit heisst es, konsequent mit sich und den anderen zu bleiben, denn nur damit ist ein erfolgreiches Einführen der «stillen Stunde» zur Erledigung von wichtigen und dringenden Aufgaben gewährleistet.
Zum Thema: «Weshalb Sie Ihr wichtigstes Meeting auf 10 Uhr legen sollten»
Die «stille Stunde» kann aber auch als Pause und Auszeit vom beruflichen Alltag verstanden werden. Wobei der Begriff «stille Stunden» insofern irreführend ist, als dass es in diesem Fall nicht Stunden sind, sondern Zeitfenster von einigen Minuten während des Tages. Sich in sinnvollem Masse eine Auszeit zu gönnen, ist kein Zeichen von Faulheit. Viel mehr tragen sie dazu bei, dass die Produktivität über den Tag hinweg erhalten bleibt und die Konzentration nicht abnimmt.
Spätestens nach zwei Stunden ist Schluss
Je nach Biorhythmus sind Menschen entweder am Morgen oder am Nachmittag besonders fähig Aufgaben, welche hohe Konzentration erfordern, zu bewältigen. Der amerikanische Chronobiologe Ernest Rossi hat nachgewiesen, dass der Leistungsrhythmus bei jedem Menschen zwischen 90 bis 120 Minuten dauert (Hütter, 2012). Der Leistungsrhythmus ist die Zeitspanne, in welcher der Mensch fähig ist, konzentriert an einer Aufgabe zu arbeiten oder körperliche Leistung zu erbringen.
Daraus folgt, dass nach 90 bis maximal 120 Minuten der Geist und der Körper eine Erholungsphase brauchen, um danach wieder leistungsfähig zu sein. Deshalb sollte man die tägliche Arbeit so einplanen, dass man regelmässige Unterbrüche macht und sich zumindest über den Mittag (also nach drei bis fünf Stunden Arbeit) eine längere Pause von mindestens 30 Minuten gönnt.
Diese kleinen Auszeiten oder Pausen dienen in erster Linie der körperlichen und geistigen Erholung von der Arbeit. Am besten macht man nach dem Abschluss eines Aufgabenblocks eine kurze Pause. Sei es, um das Fenster zu öffnen und tief durchzuatmen oder um sich einen frischen Kaffee oder Tee zu holen oder eine Frucht zu essen.
5 bis 10 Minuten Freiheit im Denken
Wichtig dabei ist: einige Minuten an nichts zu denken, was mit der Arbeit zu tun hat. Bereits kurze Zeitspannen von fünf bis zehn Minuten reichen also, um den Geist zu entspannen und frei zu machen für die nächsten Aufgaben.
Bei regelmässiger Einplanung und Einhaltung dieser «stillen Stunden» stellt man fest, dass sich die Produktivität steigert, man belastbarer wird und die Konzentration hoch bleibt. Deshalb sollte man regelmässig solche Stunden einplanen, denn ein regelmässiger Wechsel zwischen Anspannung (Konzentration) und Entspannung ist nicht nur im Sportbereich wichtig, sondern auch im Arbeitsleben (Scherler et al, 2014).
Flavio Di Giusto, dipl. Betriebsökonom FH und MSc in Business Administration, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für innovative Didaktik (ZID) an der School of Management and Law (ZHAW) in Winterthur und Mitautor des Buches «Irrtum Zeitmanagement».
Claudia Frei, dipl. Betriebsökonomin FH, war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für innovative Didaktik (ZID) an der der School of Management and Law (ZHAW) in Winterthur und ist Mitautorin von «Irrtum Zeitmanagement». Heute arbeitet sie in einem Industrieunternehmen.
Patrik Scherler, Dr. oec. HSG, ist Dozent für Betriebswirtschaftslehre an der School of Management and Law (ZHAW) in Winterthur und Inhaber der auf Coaching, Consulting und Connecting spezialisierten Benrox AG mit Sitz in Meilen/Zürich. Er ist Betreuer diverser Unternehmerforen, ERFA-Gruppen und Beiräte und organisiert Strategie- und Positionierungsworkshops.
Bild: Katrina DeFrancesco, «Quiet», Flickr CC
Quellen:
- Carlson, R. (1998): «Alles kein Problem! Das Buch für alle, die sich nicht so leicht verrückt machen lassen wollen», München: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur.
- Hütter, H. (2002): «Zeitmanagement. Zeitfresser erkennen. Planungsinstrumente erfolgreich anwenden» Berlin: Cornelsen.
- Persolog GmbH (Hrsg.) (2004): «Zeitmanagement-Profil», Remchingen: Persolog GmbH Verlag für Managementsysteme.
- Scherler, P.; Teta, A.; Frei, C.; Di Giusto, F. (2014): «Irrtum Zeitmanagement – Vom Versuch, in einem stark fremdbestimmten Umfeld nachhaltig mit der Ressource Zeit umzugehen», Zürich: Versus Verlag. ISBN: 978-3-03909-215-4.