Ganz ehrlich, wirklich «smart» sind Smartphones ja nicht. Doch was müssten die mobilen Begleiter im Geschäftsalltag denn leisten? Wir haben bei Experten nachgefragt – und laden Sie zum Mitdiskutieren ein.
«Mehr Verständnis, wo ich bin, was ich tue und welche Bedürfnisse ich habe, würde ein Gerät sehr viel nützlicher machen. Ein Smartphone, das weiss, wann ich privat unterwegs bin und mir dann keine Geschäftsnachrichten anzeigt, wäre super.» Damit bringt es Matthias Schüssler auf den Punkt, was Smartphones fehlt, um wirklich «smart» – oder «intelligent» – zu sein. Der Blogger, Radiomacher und Technikjournalist beim «Tages-Anzeiger» ist einer der Experten, die wir zu wünschenswerten Innovationen bei den Smartphones befragt haben. Und es zeigt sich schnell, dass die Antworten nicht auf diejenigen Neuerungen beschränken, die Google mit Android 8 und Apple mit iOS 11 und den neuen iPhones bringen.
Raus aus dem App-Silo
Heutige Smartphones sind zwar schick und schnell. Aber die Entwicklung bei der Hardware verläuft doch mehr nach dem Motto «schnellerer Prozessor, grösseres Display und bessere Kamera». Doch Peter Wolf, Trendscout und Management Consultant beim Finance-Think-Tank eForesight von Swisscom, würde sich noch andere Hardware-Innovationen wünschen: «Auf der Gehäuserückseite möchte ich ein E-Ink-Display, das mir ohne Stromverbrauch permanent Tickets, Fahrpläne oder QR-Codes anzeigt und das ich als E-Book-Reader nutzen kann.»
Heute muss für solche Aufgaben eine App bemüht werden. Hier haperts beim Zusammenspiel. Matthias Schüssler hält den Austausch von Bildern, Dokumenten und anderen Inhalten zwischen verschiedenen Apps für reichlich primitiv: «Apps sind eigentliche Datensilos, das App-Konzept ist verbesserungsfähig.» Mit der App «Dateien» kommt iOS 11 dieser Forderung zum Teil nach, und zumindest auf gerooteten Android-Geräten lassen sich alle Dateien mit Hilfe von File-Manager-Apps ebenfalls ziemlich frei hin- und herschieben – aber rooten sollte man sein Gerät aus Sicherheitsgründen ja besser nicht.
Mit den erhältlichen Android-Apps stellt der Play Store anspruchsvolle Anwender nicht immer voll zufrieden, wie Bruno Rivas vom Androidblog anmerkt: «Die Qualität von Android-Apps ist teilweise schlechter als bei den Pendants für iOS.» Und auch ein vollständiges Geräte-Backup, das einen Wechsel des Smartphones ganz massiv vereinfacht, sei bei iOS deutlich einfacher gelöst.
Eine fehlende Innovation für iOS, die von den Schweizer Experten nicht genannt wird, taucht in diversen US-Blogs umso deutlicher auf: Verschiedene Benutzerkonten auf einem Gerät, so dass ein iPad oder iPhone von mehreren Geschäftskollegen verwendet werden könnte. Android kennt separate Profile für unterschiedliche Benutzer schon lange. Die Apple-Gemeinde wartet darauf auch in iOS 11 vergeblich.
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Mit Updates harzt es oft
Die herstellereigenen Android-Anpassungen, von den Anwendern unterschiedlich geliebt, findet Technikblog-Betreiber Hans Fischer zwar zumindest teilweise gut. Aber: «Die OS-Updates hängen danach extrem lange nach.» Denn je nach Modell und Hersteller dauert es manchmal ziemlich lange, bis eine neue Android-Version verfügbar wird – wenn überhaupt. Im deutschen Technikblog Curved hält Jan Johannsen fest, das gelte auch für Sicherheitsupdates. Er wünscht sich eine zentrale, vom Gerätehersteller unabhängige Verteilung solcher Updates direkt durch Google: «Microsoft bekommt das mit Windows schliesslich auch hin».
Ein Schritt in diese Richtung bringt Android 8 mit «Project Treble». Die Gerätehersteller erhalten damit eine Programmierschnittstelle (Vendor API) für den Zugriff auf das Betriebssystem. Das OS selbst kann dann unabhängig von den herstellerseitigen Ergänzungen auf den neuesten Stand gebracht werden. Damit das funktioniert, müssen die Hersteller allerdings ihre eigene Software auf das neue API anpassen – und das dürfte wiederum einige Zeit dauern.
Innovationen? Zukunftsmusik!
Echte Innovationen werden, so unsere Experten, wohl noch etwas auf sich warten lassen. Peter Wolf geht davon aus, dass die heutige grafische Oberfläche durch ein Sprach-Interface ersetzt werden wird. Clevere Hardware wie Kopfhörer mit integrierten Bewegungssensoren unterstützen womöglich die Spracheingabe. So werden gängige Gesten erkannt – um etwa eine Frage zu beantworten, kann man einfach Nicken oder den Kopf schütteln.
Matthias Schüssler zielt in eine ähnliche Richtung: «Spannend wäre ein Quantensprung, der aus den Mobilgeräten, wie wir sie heute kennen, echte digitale Assistenten macht. Apps, die klassische Benutzeroberfläche und wahrscheinlich auch die Touch-Steuerung würden dann überflüssig.» Smartphones und Tablets würden mit künstlicher Intelligenz und neuen Interaktionsmöglichkeiten zu digitalen Wissensgeräten, wie sie Apple mit der Vision «Knowledge Navigator» bereits Ende der 1980er-Jahre postuliert hatte.
Es wird wohl noch 10 bis 15 Jahre dauern, bis es soweit ist. Bis dahin hoffen die Technikexperten unisono auf eine Innovation, wie sie Peter Wolf stellvertretend formuliert: «Ich hätte gerne einen Akku, der endlich mal länger als bis um 12 Uhr mittags hält».
Welche Innovationen wünschen Sie sich bei Smartphones? Diskutieren Sie mit uns in der Kommentarspalte!
Fünf Features…
die nur Android 8 hat
- Benutzerkonten, damit mehrere Anwender ein Gerät problemlos nutzen können.
- Weitgehende Anpassung der Oberfläche (Schriften, Farben etc.).
- Screen Search: Mit einem Klick auf «What’s on my Screen» liefert der Google Assistant Suchergebnisse, die zum aktuellen Bildschirminhalt passen.
- Mehrere «nicht stören»-Regeln möglich, etwa für Arbeitstage, Wochenende oder Meetings.
- Systemweite Konfiguration von Standard-Browser und Standard-Mail-App, damit Links und Mails auch wirklich in der gewünschten App erscheinen
die nur iOS 11 hat
- Spamfilter für die Nachrichten-App, unterstützt durch Machine Learning.
- Bildschirmvideos mit externem Sprachinput aufnehmen (Screen Recording) – zum Beispiel, um die Bedienung einer App anschaulich zu zeigen. Funktioniert zwar auf Samsung-Geräten auch, nicht aber nativ in Android selbst.
- Synchronisieren von Nachrichten in der Nachrichten-App zwischen Geräten.
- In der Nachrichten-App direkt bezahlen und Geld empfangen.
- Inhalte zwischen Apps per «Drag&Drop» kopieren und verschieben.
Titelbild: Alamy